Beschreibung
Ab 1933 entließ die Deutsche Reichsbahn ihre jüdischen Beamten. Der Maschinenbauer Ernst Spiro (1873–1950) war der wichtigste Ingenieur jüdischer Herkunft an der Spitze der Staatsbahn. Seit Dezember 1930 war er in Berlin als Direktor des Reichsbahn-Zentralamts für Einkauf tätig gewesen. Zuvor hatte Ernst Spiro jahrzehntelang im Werkstättendienst gearbeitet: 1911 baute er das Ausbesserungswerk Trier auf und führte moderne elektrische Krananlagen ein. Seit 1920 leitete er die Werkstättenabteilung der Reichsbahndirektion Altona und rationalisierte die Lokomotiv-Ausbesserung. 1939 emigrierte er mit seiner Frau nach England, wo er 1950 starb.
Am Beispiel Ernst Spiros, der aus Ostrowo bei Posen stammte, wird das Schicksal deutsch-jüdischer Eisenbahner seit 1933 beschrieben. Zugleich wird an einen Ingenieur erinnert, der sein Schaffen vollkommen in den Dienst der Reichsbahn gestellt hatte.
Autorenportrait
Alfred Gottwaldt, geboren 1949 in Berlin. Studium der Rechts- und Staatswissenschaften und der Neueren Geschichte in Frankfurt am Main. Tätigkeit als Rechtsanwalt. Seit 1983 Leiter der Abteilung Schienenverkehr im Deutschen Technikmuseum. Veröffentlichungen zur Verkehrsgeschichte mit Schwerpunkt Reichsbahnzeit, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg.
Rezension
"Die äußerlich schmale Schrift ist eine dennoch ‚gewichtige‘ Publikation: nicht nur, weil sie der 150. Band in der außerordentlich verdienstvollen und zugleich erstaunlich preiswerten Reihe der jüdischen Miniaturen ist (…). Sie vermittelt auf wenigen Seiten ein vielfältiges Panorama des Menschen Ernst Spiro und seiner Familie im Kontext von Politik-, deutsch-jüdischer, Eisenbahn-, Wirtschafts- und Exilgeschichte." Deutsches Technikmuseum Berlin, 1/2014
"Gottwaldt ist es mit dieser Arbeit wiederum gelungen, einen spannenden und zum Nachdenken anregenden Mosaikstein deutsch-jüdischer Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren. Dies gelang dem Autor durch tiefgründige Recherchen, die das Erschließen von Primär- und Sekundärquellen ebenso einschließen wie die (inzwischen freundschaftlichen) Kontakte zu den Nachkommen der Familie Spiro. Das Büchlein präsentiert in einer beeindruckenden Transparenz wissenschaftlich fundierte Aussagen und regt jeden historisch interessierten Leser – egal ob Eisenbahnliebhaber oder nicht – zum Nachdenken (…) an."
vb. Verkehrsgeschichtliche Blätter Jg. 41, Mai/Juni 2014
"Alfred Gottwaldt schildert mit dieser exzellent verfassten Biographie nicht nur das Schicksal eines Verfolgten des Naziregimes, sondern auch den in tragischer Weise unvollendet gebliebenen Lebensplan eines kreativ denkenden und schaffenden Maschinenbauingenieurs im modernen Eisenbahnwesen. (…) Gottwaldts engagierter Beitrag zur Reihe 'Jüdische Miniaturen' steht mithin für weitaus mehr, als der schlichte Untertitel vermuten lässt."
MIBA. Die Eisenbahn im Modell Jg. 66, August 2014