Beschreibung
Mindestens seit der Mitte des 16. Jahrhunderts gab es Praktikanten am Reichskammergericht. Nach abgeschlossenem Studium reisten Juristen an den jeweiligen Standort des Gerichts, um sich durch Vorlesungen und Privatunterricht im Reichsprozess fortzubilden. Trotz dieser langen Tradition sind Praktikanten jenseits einzelner bekannter Persönlichkeiten wie Goethe oder dem Freiherrn vom Stein bislang nicht in einem kollektivbiographischen Sinne untersucht worden. Der Aufsatz beschreibt und strukturiert die Gruppe der Praktikanten auf Basis der Wetzlarer Praktikantenmatrikel, die den Aufenthalt von 1732 Personen in der Zeit von 1693 bis 1806 do-kumentiert. Über eine Quellenkritik hinaus leistet der Text einen Beitrag zu einem Verständnis des Praktikums als Institution, die Berufsbild und Karriereverständnis von Juristen im 18. Jahrhundert maßgeblich prägte. Schließlich wird eine Typologie der Praktikanten ausgehend von Aspekten der Mobilität entworfen, die zu ihrer Neubetrachtung außerhalb bekannter autobiographischer Interpretationen einlädt.