Beschreibung
Seit dem Mittelalter besaß Hanau eine der größten jüdischen Gemeinden in Hessen. Die sog.
„Judenstättigkeit“ des Grafen Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg von 1603 leitete die Blütezeit der
Gemeinde ein. Mit zeitbedingten Änderungen war dieses Privileg bis ins 19. Jahrhundert hinein gültig und
garantierte den jüdischen Einwohnern auf Dauer eine ungehindert freie Ausübung ihrer Religion. Die
Hanauer Juden leisteten wichtige Beiträge zur Geschichte und Entwicklung ihrer Stadt, nahmen intensiv
am wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben teil. Für viele bedeutende
Persönlichkeiten aus ihrem Kreis seien stellvertretend der Maler Moritz Daniel Oppenheim und der
Reichstagsabgeordnete Gustav Hoch genannt.
Auf eine ebensolange Tradition blickt auch der jüdische Friedhof in Hanau zurück. Unter den in
Deutschland erhaltenen jüdischen Friedhöfen nimmt er aufgrund seines Alters und der Qualität seiner
Grabsteine einen besonderen Platz ein. Der Friedhof wurde 1605 vor den Toren der Stadt angelegt und im
Laufe der Zeit mehrmals erweitert. Letzte Bestattungen mit Grabstein sind im Sommer 1938 verzeichnet,
bevor die nationalsozialistische Diktatur auch in Hanau die jüdische Gemeinde auslöschte.
Heute finden sich auf dem weitläufigen Friedhofsgelände noch mehr als 1250 Grabsteine. Viele Steine
tragen figürliche Reliefs nach Art von Hauszeichen und geben bildhaft Auskunft über den Namen und die
Herkunft der Verstorbenen oder ihre Tätigkeit zu Lebzeiten. Als volkstümliche Handwerksarbeiten sind
diese Darstellungen nicht nur von einem großen ästhetischen Reiz, sondern auch ein wichtiges Zeugnis
der Kulturgeschichte.
Dieses Buch stellt eine große Zahl der erhaltenen Grabsteine in teilweise farbigen Abbildungen nebst ihrer
hebräischen Inschrift und mit Übersetzung vor. Das vollständige Verzeichnis aller bestatteten Personen
mit ihren Lebensdaten – ergänzt aus dem Hanauer „Memorbuch“ und erhaltenen
Personenstandsregistern – stellt einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation der Hanauer jüdischen
Gemeinde und der Genealogie ihrer Familien dar.
Im Textteil wird die Geschichte des jüdischen Friedhofs bis in die Gegenwart detailliert vorgestellt, wobei
die Hausnamen der Hanauer Judengasse – in Korrespondenz zu den Motiven der Grabsteine – einen
besonderen Schwerpunkt bilden. Ein großformatiger Plan ermöglicht das Auffinden der Grabsteine vor
Ort. – Das Buch wendet sich nicht nur an diejenigen, die der Geschichte der jüdischen Bevölkerung in
einer hessischen Residenz-, Verwaltungs- und Industriestadt nachgehen wollen, sondern an alle, die sich
unabhängig vom regionalen Bezug für die Geschichte der jüdischen Friedhofskultur interessieren.
163 Grabinschriften in Hebräisch und Deutsch.