Beschreibung
Joanna Nowotny untersucht in ihrer groß angelegten Studie, welche Spuren Kierkegaards Schreiben und Denken im theoretischen Diskurs und der literarischen Kultur der jüdischen Moderne hinterlassen haben. 'Kierkegaard ist ein Jude!', notiert Gershom Scholem im Jahr 1915 begeistert in seinem Tagebuch. '[N]irgends' sei der 'Kern des jüdischen Weltgefühls [] so klar, so erlebt formuliert' wie bei Kierkegaard, schreibt Max Brod einige Jahre später in 'Heidentum - Christentum - Judentum' (1921). Derartige Deutungen sind bemerkenswert. Sie werfen die Frage auf, inwiefern Kierkegaards Werk, das nach 1900 im deutschsprachigen Europa ohnehin Hochkonjunktur hatte, insbesondere für eine jüdische Rezeption Interpretations- und Aneignungsmöglichkeiten bereithielt. Wie wird Kierkegaards Denken in diesem Kontext theologisch, politisch und literarisch fruchtbar gemacht, von Dichtern und Denkern wie Martin Buber, Franz Rosenzweig und Franz Kafka? Welche Aspekte seines Werks spielen eine besondere Rolle? Welcher Gestus liegt den verschiedenen Kierkegaard-Aneignungen zugrunde und welche Funktionen erfüllen sie etwa im Rahmen jüdischer Identitätsdiskurse? Diesen Fragen widmet sich Joanna Nowotny in ihrer Studie und zeigt, welche Spuren Kierkegaards Schreiben und Denken bei Autoren wie Martin Buber, Gershom Scholem, Franz Werfel oder Franz Kafka hinterlassen haben.