Beschreibung
Die Wirtschaftswissenschaften pflegen mit der Kosten-Nutzen-Analyse ein spezifisches, auch in der Politik teilweise rezipiertes Entscheidungsverfahren. Obwohl Ökonomen den Zugang nicht als normativ erleben, lässt sich der Ansatz bei näherer Betrachtung als eine ökonomische Ethik identifizieren. Die vorliegende philosophische, zugleich transdisziplinär (mit speziell rechtlichen und ökonomischen Anteilen) ansetzende Abhandlung untersucht die Überzeugungskraft jenes Ansatzes am Beispiel Klimaschutz als wichtigstem Nachhaltigkeitsthema. Die in der utilitarismuskritischen Tradition gegen die Ökonomisierung des Entscheidens vorgebrachten Einwände wie beispielsweise die Kritik an der Abwägungsorientierung, an angeblich mangelnder Verteilungsgerechtigkeit oder an der Tendenz, den Menschen verhaltenswissenschaftlich als eigennützig zu beschreiben, überzeugen allerdings bei näherer Prüfung nicht oder kaum. In mehreren Hinsichten erweist sich allerdings wirklich, dass die Kosten-Nutzen-Analyse vor unlösbaren Problemen steht. Erstens erscheint ihre empiristische Theoriebasis der (verdeckt normativen) Kosten-Nutzen-Analyse nicht haltbar. Gemeint ist damit ihre Vorstellung, normative Fragen müssten in Fragen nach faktischen Präferenzen überführt werden. Zweitens bestehen massive Kollisionen mit einem liberal-demokratischen Verfassungsrecht, dessen Prinzipien zugleich ethische Grundprinzipien sind. Das betrifft sowohl die Freiheitsrechte (die nicht von der Zahlungsfähigkeit abhängen dürfen) als auch das Demokratiemodell und das Respektieren der Herrschaft des Rechts. Drittens ergeben sich für die Kosten-Nutzen-Analyse unlösbare Anwendungsprobleme, die gerade (aber nicht nur) im Kontext des Klimaschutzes sowohl bei Gesamtbetrachtungen als auch bei Einzelanalysen wie etwa zum Bau eines Kohlekraftwerkes durchschlagen. Eine deutlich deflationierte Kosten-Nutzen-Analyse könnte gleichwohl Faktenmaterial – in Gestalt tatsächlich monetär abbildbarer Teilaspekte von Entscheidungsfolgen – zu ethischen oder rechtlichen Entscheidungsverfahren beitragen. Insoweit erscheint der Ansatz hilfreich und weiterführend, jenseits dessen dagegen nicht.