Beschreibung
Das moralisch Böse ist ein wenig behandeltes Thema in den neueren philosophischen Debatten, obwohl es sich um einen Grundbegriff der Ethik handelt. Nach einer Bestandsaufnahme der neueren Literatur beginnt diese Arbeit daher mit einer Analyse des Wortes 'böse' auf der Ebene der alltäglichen Sprache und Moral. Es lassen sich zwei Grundelemente der Wortbedeutung herausarbeiten: 'zurechenbar' und 'ohne Einschränkung schlecht'. Der Übergang zur philosophischen Ethik zeigt, daß gerade ein Ansatz, der beide Elemente vereinigt, problematisch ist. Wie kann das Böse in seiner vollen Negativität zurechenbar, d.h. bewußt als solches gewollt werden? Eine Antwort auf diese Frage schließt eine entsprechende Bestimmung der Freiheit, der Zurechenbarkeit sowie der Vernunft im Verhältnis zum Bösen ein. Eine vielversprechende Konzeption, die dies leistet, findet sich bei Kant in Form der These des 'radikalen Bösen'. Dennoch zeigt sich auch hier, daß gerade das Bewußtsein, das mit dem bösen Willen verknüpft ist, schwer zu verstehen ist. Dieses Bewußtsein ist auch eines der zentralen Themen in der frühen Philosophie Paul Ricœurs und ein entscheidender Antrieb dafür, daß er seine Position von einer phänomenologischen zu einer hermeneutischen Philosophie weiterentwickelte. In diesem Zusammenhang wird diese Entwicklung untersucht, Ricœurs Verhältnis zu Kant und sein besonderer Ansatz in der Ethik. Als systematischer Ertrag und Ausblick auf eine vollständige Theorie des moralisch Bösen zeigt sich seine Idee einer Empirie des Willens als hermeneutische Untersuchung der Erscheinungsformen des Bösen.