Beschreibung
Nietzsche vs. Kant? Der siebzehnte Aphorismus aus dem ersten Teil von Menschliches, Allzumenschliches schliesst mit der korrosiven Bemerkung, «das Ding an sich [sei] eines homerischen Gelächters werth». Aufgrund dieser Passage nun aber zu vermuten, Nietzsche habe diesen von Kant stammenden Terminus einfach so ad acta gelegt, wäre jedoch übereilt, denn die Auseinandersetzung mit der Unterscheidung zwischen Erscheinung und Ding an sich lässt sich als Konstante durch Nietzsches gesamtes Werk verfolgen. Mattia Riccardi widmet sich in seiner Studie den verschiedenen Positionen, die Nietzsche im Zusammenhang mit dieser Problematik eingenommen hat: von der im Hintergrund der Geburt der Tragödie präsenten «Artisten-Metaphysik» bis zur radikalen Infragestellung des kantischen Denkmusters in den Jahren nach 1880. Riccardi beschränkt sich aber nicht auf eine historisch akkurate, direkte und indirekte Textquelle mit einbeziehender Rekonstruktion von Nietzsches ‹kämpferischer› Lektürepraxis. Vielmehr stellen die wiederholt auftretenden Bezüge auf Kants Begrifflichkeit für ihn ein geeignetes Instrument dar, um die Entfaltung von Nietzsches Denken in aller Schärfe sichtbar zu machen. Die Kritik an Kant wird auf diese Weise zum Ausgangspunkt einer differenzierten Interpretation von Nietzsches perspektivistischer Philosophie der Macht im Sinne einer relationalen Ontologie. Damit versteht sich das Buch auch als Beitrag zur – vor allem im englischsprachigen Raum sehr lebendigen – Debatte um das Verhältnis Nietzsches zu Kant.
Autorenportrait
Der Autor: Mattia Riccardi studierte Philosophie in Mailand, Tübingen und Oporto und promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Schwerpunkte seiner Forschung sind – neben der Philosophie Kants und Nietzsches – vor allem Ontologie und Philosophie des Geistes.