Beschreibung
Da selbst unter etablierten Psychoanalytikern große Unsicherheit herrscht, was die "richtige" Technik sei, halten sich die meisten in dieser Frage sehr bedeckt. Tatsächlich kam es bereits zwischen Freud und den Psychoanalytikern, die offen über ihre Behandlungs-Techniken Auskunft gaben, regelmäßig zu Spannungen oder gar zum Zerwürfnis, wie die Beispiele Otto Ranks und Sandor Ferenczis zeigen (vgl. Haynal: Die Technik-Debatte in der Psychoanalyse). Die Behandlungs-Technik wurde zum bestgehüteten Geheimnis der Psychoanalyse.
Leitner untersucht in ihrer historischen Studie, wie mit der zunehmenden Etablierung der Psychoanalyse als Heilberuf die Frage der "richtigen Technik" einen immer wichtigeren Stellenwert einnahm, während es gleichzeitig immer schwieriger wurde, die damit zusammenhängenden Fragen offen zu diskutieren. Mit der Gründung der Berliner Poliklinik und des Berliner Psychoanalytischen Instituts wurden die Weichen für die Institutionalisierung der psychoanalytischen Ausbildung gestellt, die bis heute das psychoanalytische Ausbildungssystem - mit all seinen rigiden und infantilisierenden Momenten - bestimmen.
Verglichen mit der Fülle der psychoanalytischen Publikationen ist die Zahl der Veröffentlichungen zur Behandlungs-Technik sehr gering, obwohl diese das Kernstück des psychoanalytischen Lehrgebäudes darstellt. Leitners Hypothese lautet, dass in der Pionierphase jeder Analytiker zwangsläufig seine eigene Technik auf der Basis von Versuch und Irrtum finden mußte. Auch Freuds Publikationen zu diesem Thema sind so global, dass sie in der Praxis viele Interpretationsmöglichkeiten offen ließen.
Über die Autorin: Dr. Marina Leitner, geb 1970, Psychologin, Mag. phil., derzeit Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit einemForschungsprojekt über die Geschichte der Entwicklung der psychoanalytischen Technik und Therapie. Zahlreiche Publikationen zur Geschichte der Psychoanalyse, im Psychosozial-Verlag ein Beitrag über Otto Rank in psychosozial 73