Beschreibung
Christoph Geisers ›Fiktion‹ Die Baumeister ist ein Stück literarischer Illusionsarchitektur,
die den Rahmen für ein Fest der Sprache gibt. Die Fiktion beginnt mit
einer Vision der Carceri-Blätter Piranesis, in deren orientierungslose Raumgebilde
sich der Betrachter murmelnd und linsend hineinplappert. Zu seiner Stimme
gesellen sich in diesem Inferno Begleitstimmen, von denen sich die des Limbo-
Bewohners Johann Joachim Winckelmann herauszuheben beginnt. Dieser ästhetische
Selbstzensor seiner Sinnlichkeit mutiert hier zum Rosa-Winkel-Mann, der
schließlich aufbegehrend seinen Kerker verlässt. Statt sich schuldbewusst dem
genüsslichen Selbsthass zuzuwenden, gehen die verschmelzenden Stimmen auf
eine Reise, deren Ziel eine Utopie ist, welche die Rituale jeder Macht, ob Religion,
Gesellschaft oder Sexualität, ironisieren wird. Der Rosa-Winkel-Mann imaginiert
sich den neuen Gesprächspartner, der diese Utopie verwirklichen soll, den Baumeister
der Zukunft, der die Reise auf dem Narrenschiff der Lüste mitmacht.
Schließlich erhebt sich das Eiland aus dem Meer, das Paradies der Sinne, auf dem
sich der Idealbau erheben wird, eine neue Abtei des »Tu, was du willst!«. Aber wie
es solchen Festbauten ergeht, ist es ihr Zweck, sich selbst in einem Feuerwerk
zu zerstören … Christoph Geisers ›Fiktion‹ ist eine kleine Gottlose Komödie, ein
Bosch-Triptychon der sieben möglichen und anderer unmöglicher Todsünden.