Beschreibung
Die Oktoberrevolution 1917 galt vielen europäischen Intellektuellen als Fanal: Ob angsterfüllt beobachtet oder euphorisch begrüßt, sie war das Ereignis der Epoche, zu dem man sich intellektuell zu verhalten hatte. Angesichts der Fliehkräfte der Weimarer Republik und der von vielen empfundenen tiefen Krise der westlichen liberalen Zivilisation richtete auch Hugo Fischer den Blick nach Osten, um in der Politik Lenins und in den Räten Alternativen für eine Herrschaftsform jenseits von Parlamentarismus und Diktatur zu finden. Selbst aus der nationalen Rechten entstammend, betrachtet er Lenin ohne ideologische Voreingenommenheit, er attestiert ihm sogar selbst eine ideologiefreie Politik, die – von rationalen Motiven getrieben – auf Machterringung und Machterhalt zielt : »Lenin ist ebensowenig ein ›Kommunist‹, wie Richelieu ein ›Monarchist‹ gewesen ist.« Mit dieser visionären Analyse, der sich später immer wieder auch linke Dissidenten anschließen sollten, verfasst Fischer eine Studie, die den Vergleich mit Schriften von Carl Schmitt, Leo Strauss oder Max Weber nicht zu scheuen braucht. Lenin, der Machiavell des Ostens, das hier zum ersten Mal überhaupt erscheint, ist eine Dokument messerscharfen politischen Denkens, ein Zeugnis der deutschen Geistesgeschichte und wichtiger Beitrag zur Analyse des Bolschewismus an der Macht.
Rezension
»Dabei gelingen Fischer scharfsinnige Einblicke wie etwa über den Zusammenhang von Weltkrieg und Revolution, aber auch starke Verzerrungen, die daher rphren, dass ihm nur wenige übersetzte Lenin- und Stalin-Texte zur Verfügung standen.«
- Stefan Plaggenborg, FAZ
»Der Text ist im Nachhinein betrachtet eine geistesgeschichtliche Fußnote, aus der einige scharfsinnige Formulierungen auch heute noch bestehen können. Ansonsten mäandern die Gedanken zu oft, verlieren sich in Verästelungen, ohne einen Kern zu offenbaren.«
- Claus Baumgart, Bibliothekarische Dienste
»Hugo Fischer war ein bedeutender Essayist, ein erst ruheloser und dann auch heimatloser Inspirator, ein Kulturphilosoph von seltener Güte und Sprachkraft. Das von Steffen Dietzsch und Manfred Lauermann hervorragend edierte und kommentierte Lenin-Buch sollte der erste Schritt zu seiner Wiederentdeckung sein.«
– Heiko Christians, DIE WELT