Beschreibung
1943. In Bom Fim, dem jüdischen Viertel von Porto Alegre, wachsen Joel und seine Freunde wohl behütet unter der fürsorglichen Obhut ihrer Mütter auf. Dort verschmelzen die Alte und die Neue Welt. Man trifft ebenso auf Figuren aus Chagalls Bilderwelt und Franz Kafkas Werken wie auf temperamentvolle, gütige Schwarze, deren fremde Kultur von den Bewohnern neugierig bestaunt wird. Diese Harmonie und Geborgenheit sind jedoch in Gefahr. Der Zweite Weltkrieg wirft seine dunklen Schatten auf Bom Fim. Brasilien befindet sich im Krieg mit Deutschland. Joel ist nicht bereit, den Nazis und ihren brasilianischen Verbündeten Bom Fim widerstandslos zu überlassen. Als selbst ernannter König und Hauptmann sieht er sich als Retter des Vaterlands. Gemeinsam mit seinen Freunden stellt er sich mutig dem Kampf und schreckt auch dann nicht zurück, als ihm eines Tages Hitler in Porto Alegre begegnet. Moacyr Scliar beschreibt in diesem Roman die hierzulande wenig bekannte aktive Teilnahme Brasiliens am Zweiten Weltkrieg und deren Auswirkungen auf den Alltag im Land. Während der Militärdiktatur veröffentlicht, wirft er auch ein neues Licht auf diese dunklen Jahre der brasilianischen Geschichte. "Der Krieg in Bom Fim" komplettiert die Trilogie von "Die Ein-Mann Armee" und "Die Götter der Raquel".
Autorenportrait
Moacyr Scliar (Porto Alegre 1937 – 2011 Porto Alegre) Arzt und Schriftsteller, wuchs als Kind russisch-jüdischer Immigranten im damaligen jüdischen Viertel Bom Fim in Porto Alegre auf. Er gilt neben Clarice Lispector als der wichtigste Vertreter der brasilianisch-jüdischen Literatur und zählt zu den meist übersetzten Gegenwartsschriftstellern Brasiliens. In mehr als 70 Werken unterschiedlicher Genres – Romane, Erzählungen, Essays sowie Kinder- und Jugendbücher– setzte er sich mit dem Judentum, der Medizin und der Lebenswirklichkeit der brasilianischen Mittelklasse auseinander. Außerdem schrieb er Kolumnen und Beiträge für brasilianische Zeitungen, u.a. für die Folha de S. Paulo und die Zero Hora. Für seine Werke erhielt Scliar zahlreiche Preise, darunter mehrfach den Prêmio Jabuti und den Prêmio Casa de las Américas. Seit 2003 gehörte er der Academia Brasileira de Letras an. Scliars Verdienst ist es, die jüdische Thematik und Fragen, mit denen sich Immigranten im modernen Brasilien konfrontiert sehen, nachhaltig in der brasilianischen Literatur verankert zu haben.
Rezension
"Scliars Familie kam Anfang des 19. Jahrhunderts nach Porto Alegre; er selbst ist dort geboren und aufgewachsen. (...) Scliar gelingt es, das Leben in der kleinen jüdischen Gemeinschaft so lebendig und warmherzig zu schildern, dass den Leserinnen und Lesern eigentlich nur noch die fliegenden Geiger von Chagall fehlen. (...) Bitte mehr von diesem Autor und seinen köstlichen Geschichten!"
Lateinamerikaarchiv, Februar 2016
"Wenn sich ein Autor mit seinem jüdischen Background auseinandergesetzt hat, dann war es Moacyr Scliar (1937–2011), den man ganz zu Recht als ‚literarischen Chronisten des jüdischen Brasilien‘ bezeichnet. Er hat Bom Fim, dem jüdischen Viertel seiner Geburtsstadt Porto Alegre, in seinem Werk ein literarisches Denkmal gesetzt." tachles. Das jüdische Wochenmagazin (Nr. 40), 04. Oktober 2013
"Das größte Verdienst Moacyr Scliars ist es, mit seinen Geschichten über das jüdische Brasilien einen ganz eigenen, wundervollen Kosmos erschaffen zu haben. Am eindrucksvollsten ist ihm dies wohl in seinem großen Erstlingsroman 'Der Krieg in Bom Fim' gelungen, der jetzt mit 40jähriger Verspätung bei Hentrich & Hentrich erstmals auf Deutsch erschienen ist. (...) Scliar gelingt eine traurig-schöne Hommage an sein Viertel, gleichzeitig beschreibt er die Fliehkräfte der Moderne, die zum Ende der traditionellen jüdische Gemeinschaft geführt haben." Jungle World (Nr. 41), 10. Oktober 2013
"Dieser überbordende, zauberhaft magische Roman eines 'Kriegs der Knöpfe' einer jüdischen Bubenbande um ihren Anführer Joel in den frühen 1940er-Jahren ist der wohl beste Einstieg in den Literaturkosmos des Moacyr Scliar, unangefochten der hervorragendste jüdische Autor Brasiliens. Malerische Einflüsse von Chagall aufnehmend, (.) schildert Scliar überlebensgroße erschreckende, heitere, brutale, schmerzliche wie tragische Ereignisse." Wina. Das jüdische Stadtmagazin (Nr. 8, Jg. 3), Oktober 2013
In der brasilianischen Presse:
http://zerohora.clicrbs.com.br/rs/cultura-e-lazer/segundo-caderno/noticia/2013/10/scliar-em-debate-na-feira-de-frankfurt-4299110.html