Beschreibung
Die Engel von Rafael Alberti entstanden irgendwann gegen Ende des Winters 1929 am Himmel von Madrid. Der Furor ihres Flugs, ihr lautlos rasendes Andringen in finsterer Formation, erregte Bestürzung und Staunen. Niemand hatte dergleichen erwartet. Schon gar nicht aus der Hand des Urhebers.
Dieser, ein junger Mann von 26 Jahren, Spross des verarmten Zweiges einer Sippschaft von Weingut- und Kellereibesitzern in Puerto de Santa Maria, einem Hafenstädtchen an der Bucht von Cadiz, galt asl bezaubernder Tausendsassa, als arielischer Liebhaber und begnadet frecher Liebling all der Grazien, die den frisch aufsprudelnden Quell poetsicher Liedkunst umspielten, jenen erquickend klaren, keck beglückenden Zauberschwall des andalusischen Neopopularismo, hervorgebrochen aus iberischem Urgestein.
Dieser fröhliche, mit dem spanischen Nationalpreis ausgezeichnete Dichter war der Autor jener Schwadron geflügelter Düsternis, jener Vision der Angs, desperater Verwirrung? Jeden Überraschungscoup hätte man dem scheinbar magisch begabten Jungpoeten zugetraut, alles - nur nicht die Wucht, die verzweifelte Intensität eines solchen Geisterkampfes im jählings entleerten, nachtüberfluteten, aus dem Lot gekippten Innenraum eines Ichs, das sich selber abhanden gekommen war.
Alberti 1927/28 über seine Engel: "Ich habe meine poetischen Gewänder zerrissen (denn ich hatte solche). Ich bedeckte mein Haupt mit Asche. Ich verbrenne mich bei lebendigem Leibe. Ich zücke ein rotes Tüchlein. Trompetensignale. Und aus der stockfinsteren Stierbox stürmen Bosch, Bruegel, Bouts, Swedenborg. W.Blake, Boudelaire und der Adler des Apostels. Vergiftet mich mit dem Qualm von Holzkohlenbecken und umstellt mich mit höllisch blau flammenden Spirituskochern, denn ich verteufelt schlchter Laune."