Beschreibung
Sie befinden sich sicher NICHT in einer feministischen Beratung, wenn Sie auf die Schilderung eines Gewalterlebnisses die Frage »Haben Sie ihn irgendwie provoziert?« oder den Satz »Zum Streiten gehören immer zwei« hören. Sie befinden sich ziemlich sicher in einer feministischen Beratung, wenn Sie die Beraterin fragt, wer denn bei Ihnen zuhause die Wäsche wäscht.
Feministische Beratung zeichnet sich durch die Haltung aus, die Berater*innen zum Thema Geschlecht einnehmen, nämlich nicht normierend und beschränkend, sondern emanzipatorisch und offen. Denn Gender ist etwas, das wir tun. Es ist das soziale und kulturelle Geschlecht, die Geschlechterrolle. Es sitzt also nicht zwischen unseren Beinen, sondern zwischen unseren Ohren, im Kopf.
Dr.in Bettina Zehetner ist Mitbegründerin der Beratungsplattform FRAUEN* BERATEN FRAUEN*, Wien. Konkrete Beispiele aus der Praxis zeigen, wie eine feministische Haltung die Therapie verändert und wie aus dem frischen Blick auf traditionelle Konzepte eine psychosoziale Beratung erwächst, die Hilfesuchende befähigt, mit kritischem Bewusstsein geschlechtsspezifische Bewertungen von Verhalten und Eigenschaften zu hinterfragen. Die Erkenntnis, dass die eigenen Probleme gesellschaftlich mitverursacht sind und dass es ein physisches und psychisches Leiden an Geschlechternormen gibt, setzt dem Gefühl persönlichen Versagens etwas entgegen und verleiht den Mut, eigene tiefgreifende Problemlösungen zu wagen.
Inhalt
Inhalt
Woran erkenne ich feministische Beratung?
Eine kurze Einführung
Beratung oder Psychotherapie – was ist das Richtige für mich?
Nicht-geschlechterrollenkonformes Verhalten ist gesundheitsfördernd – für alle Geschlechter
• »Nie genug?«
• Feministische Parteilichkeit
• Lernen, sich neu zu erzählen
• Ein Appell an Berater*innen
Die Prinzipien feministischer Beratung am Beispiel FRAUEN* BERATEN FRAUEN* in Wien
• Empowerment und Autonomie
• Ganzheitlichkeit – Multiperspektivität – Interdisziplinarität
• Differenzierte Parteilichkeit
• »Naming the norm« – Feministische Paarberatung
Über Beziehungen und Trennungen
»Im Grunde ist er ja ein guter Mensch, liebt er mich ja – wenn nur ...«
Das Projekt »Ich ändere meinen Mann!« – Vom stellvertretenden Leben
Sehnsucht nach Verschmelzung und die Scheu vor Konflikten
»Ich will mich ja trennen, aber ...« – Vom Festhalten an der Vertrautheit des Leidens
Gefühle und Gesetze
• Checkliste für die Sachebene
Erfolgreiche Strategien der Trennungs- und Scheidungsbegleitung
1. Die Entscheidungsphase: Vom Schuldgefühl zur Selbstbestimmung
2. Die Verhandlungsphase: »Ich weiß, was ich will«
• Bescheidenheit ist keine Zier: Verhandeln lernen!
• Geld und Macht in Beziehungen
3. Die Neuorientierungsphase: »Ein neues Kapitel in meinem Leben beginnt«
• Kill die »Realitätskiller-Ideale«: Die Befreiungsgeschichte von Anna B.
Die drei Phasen der Veränderung und unterstützende Interventionsmöglichkeiten
• Die Phase des Beendens
• Die Phase der Neutralen Zone
• Die Phase des Neubeginns
• Alina: Ein Zimmer für mich allein
»Ist das normal oder ist das schon Gewalt?«
Muster der Beziehungsdynamik, die das Entstehen von Gewalt begünstigen
• Die Geschichte von Carola S.
Weibliche und männliche Sozialisation: Wie das Ungleichgewicht zwischen dem
Für-mich-Leben und dem Für-andere-Leben entsteht
• Verantwortung und Freiheit
• Das Tabu der weiblichen Aggression gegen andere
»Meiner Liebe wirst du nicht entgehen« – Ein Blick auf den Narzissmus
Mythen und Fakten zum Thema Gewalt
Mythen und Fakten zum Thema Vergewaltigung und sexueller Missbrauch
Der Kreislauf der Gewalt
• Strukturelle Gewalt in der Rechtsprechung am Beispiel Österreich
Finanzielle Gewalt
• Ökonomische Gewalt innerhalb der Ehe
Symbolische Gewalt und ihr Verhältnis zum Körper
Scham und Zorn nach erlebter Gewalt
Geld, Arbeit und Karriere: »Erstaunlich, was ich alles kann!«
Glücksversprechen VaterMutterKind
Karrieregeile Rabenmutter oder überfürsorgliche Helikopterglucke?
Kompetenzanalyse in der frauenspezifischen Laufbahnberatung
• Vielfältige Kompetenzen und Übungen zur Kompetenzanalyse
Wie Geld und Geschlecht zusammenhängen: Feministische Beratung als Strategie gegen Frauenarmut
• Schon die Ausbildungs- und Berufswahl ist entscheidend
• »Was würden Sie mir zahlen, wenn ich ein Mann wäre?« – Das subversive Potenzial der Geschlechterparodie
Gehorsame Körper, widerspenstige Körper und die Kraft des Neinsagens
Magersucht: Ein Aushungern fremdbestimmter Weiblichkeit
Bulimie: Die Angst vor dem fetten Selbst
Essen und Feminismus: Entsorgen Sie Ihre Waage!
Geschlechtsspezifische Krankheitskulturen
• Geschlechtsspezifisches Krankheitsverhalten im Lebensverlauf
• Verletzungsoffenheit und Verletzungsmächtigkeit
Schlusswort: Eine Einladung
Anhang
Hilfreiche Adressen
Literatur- und Linkverzeichnis
Sachregister