Beschreibung
Geschichte schreiben, meinte Walter Benjamin einmal, heiße 'Jahreszahlen ihre Physiognomie' zu geben. Doch welche Gesichtszüge mit '1968' in Verbindung gebracht werden sollen, ist noch immer höchst umstritten. Das schillernde Jahr stand nicht nur für Aufbruch, Umwälzung und Emanzipation, sondern auch für einen Flirt mit dem totalitären Kommunismus. Zugleich markierte es die Geburtsstunde einer Apologie der Gewalt, des RAF-Terrorismus. Dennoch spielt '1968' in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik die Rolle einer Art Ursprungsmythos. '1968' war vielleicht die weitreichendste politische Herausforderung in der Geschichte der alten Bundesrepublik. Die antiautoritäre Bewegung bewirkte aber vor allem einen soziokulturellen Bruch und die Implementierung eines neuen Lebensgefühls, das eine erhebliche gesellschaftspolitische Durchsetzungskraft entfaltete. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar, einer der genauesten Kenner der 68er-Geschichte, versucht das Schlüsseljahr in seinen wichtigsten gesellschaftspolitischen Dimensionen zu dechiffrieren.
Autorenportrait
Wolfgang Kraushaar, Dr. phil., Politikwissenschaftler, Wissenschaftler an der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur; assoziiert am Hamburger Institut für Sozialforschung. Er war bis 2015 Wissenschaftler im Hamburger Institut für Sozialforschung.