Beschreibung
Anhand von typologisch-vergleichenden Skizzen der diachronen Entwicklung von Lokalkasussystemen bietet diese Studie einen crosslinguistisch konzipierten Überblick über die wichtigsten Ausprägungsformen von nominalkasuellen Subsystemen mit lokalisierender Funktion in den Sprachen der Welt. Die Lokalisation über funktional spezialisierte Nominalkasus wird einleitend in das Gesamt der sprachlichen Lokalisationsverfahren eingeordnet. Die dargebotenen Fälle werden nach ihrem Aufbau klassifiziert und markiertheitstheoretisch ausgewertet. Auf ihrer Grundlage schlägt der Verfasser alternative Markiertheitshierarchien für Lokalkasussysteme vor, die auch als potentiell aktivierbare dynamische Programme verstanden werden können.
Der lokalkasuelle Befund zeigt im Sprachvergleich desweiteren, daß exakte Prädiktion sprachlichen Wandels in absoluter Form nicht möglich ist. Eine kurze Auseinandersetzung mit gängigen sprachwandeltheoretischen Hypothesen macht deutlich, daß die gleichermaßen von Auf- wie Abbau geprägte Dynamik von Lokalkasussystemen für übliche Erklärungsmodelle eine kaum lösbare Aufgabe darstellt. Einseitige Auffassungen von Sprachwandel beispielsweise als Markiertheitsabbau erweisen sich daher als revisionsbedürftig.
Die Arbeit versteht sich als Beitrag zur diachronen Typologie, diachronen Morphologie, Sprachwandeltheorie und Grammatikalisierungsforschung. Das Belegmaterial stammt überwiegend aus indogermanischen und finno-ugrischen Sprachen und wird durch Beispiele aus dem Aztekischen, Inuktitut, Baskischen, Türkischen und aus einigen Australsprachen ergänzt.