Beschreibung
Hinter jedem Gedicht in diesem bemerkenswerten literarischen Debüt steckt eine Redewendung oder ein Sprichwort, manchmal offensichtlich, manchmal kaum noch auffindbar in das Sprachmaterial eingesickert. An diesen vorgeprägten Idiomen arbeitet sich Patricia Mathes ab, arbeitet dagegen an wie gegen überhaupt alles, was in der Sprache wie auch im Leben fix und unumstößlich zu sein scheint. Wenn sie eigene Regeln in das Schreiben einbringt, etwa mit ausgeklügelten Formen wie Akrosticha und Telesticha arbeitet, deren Anfangs- bzw. Endbuchstaben gedichtübergreifend gelesen wiederum ein neues Idiom ergeben, dann nur, um zugleich umso vehementer eine Anarchie des Denkens dagegen aufzufahren. Denn keine Zeile dieser Gedichte, keine einzige, ist im Rahmen des Gewohnten dahingesagt, jede einzelne Formulierung ist frisch wie eine zum allerersten Mal ans Licht geholte Fläche, als hätte die Dichterin die Sprache aufgeschlagen wie einen Stein oder ein noch gänzlich ungelesenes Buch. Der Wunsch, über alle abgenutzten, gescheiterten Sprachkonventionen hinweg die Welt zu benennen und damit nahbar zu machen, sie verbindlich und intim, zugleich aber auch frei und entgrenzt darzustellen, ist die treibende Kraft solch poetischen Sprechens. Im letzten Kapitel wird noch eines draufgesetzt: Hier wird das ohnehin schon gründlich durchgearbeitete Sprachmaterial des Bandes noch einmal zu Schnipseln zerkleinert und neu zusammengesetzt, weil aus der Sprache alles, aber auch wirklich alles werden kann.