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Der polnische Papst

Lesung in Karlsruhe am 27.11.2005

Erschienen am 28.01.2007
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783894840624
Sprache: Deutsch
Format (T/L/B): 12.0 x 14.0 cm

Beschreibung

Wie heilig der erste polnische Papst der Kirchengeschichte, Johannes Paul II. bzw. Karol Wojtyla, im mythologisch-dogmatischen Sinne war, kann die römische Kirche festsetzen. Seine historische Existenz und Aktivität muß dagegen mit Nüchternheit und Objektivität erfaßt werden, und das geht nicht in eigener Sache; dazu sind unabhängige Kenner der Kirchenszene weitaus besser geeignet. Dieses Buch des Religionswissenschaftlers, Philosophen und Ex-Dekans der Theol. Fakultät der Univ. Wien Hubertus Mynarek liefert eine umfassende Bilanz über die Außen- und Innenpolitik des verstorbenen Papstes, über seine Finanz- und Sozialpolitik, über seine Glaubens-, Moral- und Sexualdoktrin, über seine offizielle und private Einstellung zu Frauen, seine Persönlichkeit und seine kirchliche Sozialisation.

Autorenportrait

Der Religionswissenschaftler, Philosoph und Theologe Hubertus Mynarek ist einer der prominentesten Kirchenkritiker des 20. Jh. Nach dem Studium der Philosophie, Psychologie und Theologie promovierte er im Fach Theologie und habilitierte sich an der Universität Würzburg für Vergleichende Religionswissenschaft und Fundamentaltheorie. Als Professor lehrte er an den Universitäten Bamberg und Wien unter anderem Vergleichende Religionswissenschaft, Religionsphilosophie und Fundamentaltheologie. 1972 war er Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Mynarek war der erste Universitätsprofessor der Theologie im deutschsprachigen Raum des 20. Jahrhunderts, der es wagte, aus der katholischen Kirche auszutreten. Mit einem Offenen Brief an den Papst, in dem er seine Herrschsucht, die Machtstrukturen und das Profitstreben der Hierarchie anprangerte, verabschiedete er sich aus diesem totalitären System.

Rezension

Erfrischend einseitigDER POLNISCHE PAPSTVon Ingolf BossenzWer sich ein realistisches Bild machen will, wo die römisch-katholische Kirche heute steht respektive stehen geblieben ist, der dürfte dafür kaum eine bessere Quelle finden als das neueste Buch des Kirchenkritikers Hubertus Mynarek. 'Der polnische Papst' ist voller Vor-Urteile. Vor-Urteile im positiven Wortsinn, die sich der Autor (geb. 1929) erarbeitete und erlebte in seiner Laufbahn als Religionswissenschaftler, die ihn bis zur Stellung des Dekans der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und zu einer bemerkenswerten Konsequenz führte: Mynarek war der erste Universitätsprofessor der Theologie im deutschsprachigen Raum des 20. Jahrhunderts, der den Mut besaß, aus der Rom-Kirche auszutreten. Mynareks 'Bilanz eines Pontifikats' ist das krasse Gegenteil der hier zu Lande veröffentlichten Elogen auf den verstorbenen Papst Johannes Paul II. Zwar attestiert ihm der Autor, 'mit ungeheurer Energie, unerhörtem Fanatismus, auch einem mächtigen persönlichen Ehrgeiz' sein Amt verwaltet zu haben. 'Aber', so das Fazit, 'dieser mobilste Papst in der gesamten Geschichte des Papsttums hat außerordentlich wenig bewegt.' Keine schmeichelhafte Nach-Rede auf den 'Medienpapst' und 'Eiligen Vater', der von Rekord zu Rekord jagte und als 'Kilometerfresser', Redenhalter und Enzyklikenschreiber alle seine Vorgänger samt Petrus alt aussehen ließ. Wie Mynarek notorische 'Bewahrer' brüskiert und naiven Bewunderern die Augen öffnet, das ist polemische Literatur in bester Tradition eines Luther oder Voltaire. Er demontiert Stück um Stück die von vatikanischer PR und Kirchenkitsch-begeisterten Medien geschaffene Figur des Über-Vaters. Mynarek seziert die von Karol Wojtyla verfochtenen Lehren und zeigt ihren nackten Kern: den unbedingten Willen zur Macht. Dabei wird deutlich, welches Elend Marienkult, Teufelsaustreibung, die so genannte Erbsünde, die menschenfeindliche Sexualmoral bei jenen anrichten, die der Papst-Kirche weiter auf Treu und Glauben anhängen, und die sich der unglaublichen Anmaßung einer päpstlichen 'Unfehlbarkeit' unterwerfen. Und weil der Papst auf seinen über 100 Auslandsreisen diese Denk- und Verhaltensgebote (die vor allem Verbote sind) unablässig wiederholte, gingen von diesen Besuchen – so der Autor – keine echten religiösen oder ethischen Impulse aus. Auch das reichlich strapazierte Argument, nach dem Zusammenbruch des Sozialismus sei Johannes Paul II. vom Kommunismus- zum Kapitalismuskritiker geworden, lässt Mynarek nicht gelten. Neben einer dezidierten, detaillierten Kritik der Dokumente und Aussagen des Pontifex dazu verweist er auf die zwingende Konsequenz, dass der Führer der Rom-Kirche 'angesichts der vielfältigen Verwicklungen des Vatikans in die Geschäfte und Machenschaften der Reichen und Mächtigen dieser Welt seine so schön klingende ›Option für die Armen‹ nur halbherzig vertreten konnte'. Man kann Mynareks 'Bilanz' eine gewisse, bei den Erfahrungen des Autors verständliche Einseitigkeit nicht absprechen. Angesichts der Mainstream-Hagiographien des Papstes ist das durchaus erfreulich. Und erfrischend.Neues Deutschland, 18.10.2005

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