Beschreibung
Der Band versammelt ausgewählte, locker aneinandergereihte Texte, die in 25 Jahren fast ununterbrochener Beschäftigung mit Simone de Beauvoir und dem Feminismus entstanden. Sie fragen vor allem nach der Rolle Beauvoirs als Vorreiterin der Frauenbefreiungsbewegung, als Partnerin Sartres und engagierte Intellektuelle. Welche Bedeutung hatte das vielzitierte, aber wenig gelesene 'Andere Geschlecht' tatsächlich für die Frauenemanzipationsbewegung? Wo war das Buch seiner Zeit voraus und wo fiel es hinter sie zurück? Wo besitzt es noch unausgeschöpftes Potenzial? Was war entscheidend in Beauvoirs Partnerschaft mit Sartre? War sie wirklich die überragende Philosophin, die in weiblicher Selbstentfremdung Sartre den Vortritt ließ, wie manche heute behaupten? Wie sehr hat sie sich tatsächlich als Intellektuelle engagiert? Jenseits der gängigen Klischees werden Werk und Biografie dezidiert historisch verortet und ohne Tabu in den Blick genommen.
Die intensive Beschäftigung mit Simone de Beauvoir begann für Ingrid Galster im Zuge ihrer Dissertation über Sartre: Er und Beauvoir waren Figuren, an denen sich die französischen Intellektuellen für ihre eigene Standortbestimmung abarbeiteten. In den folgenden zweieinhalb Dekaden befasste sich Galster intensiv mit Simone de Beauvoirs Schriften sowie mit den vier Rollen, die man der französischen Philosophin zuschrieb: Vorkämpferin des Feminismus, Partnerin Sartres, Linksintellektuelle und Schriftstellerin.
Der zweite Teil des Buchs ist dem französischen Feminismus gewidmet, eine Sektion befasst sich mit der Situation von Frauen in der Hochschullaufbahn. Der Band schließt mit einer Reihe von Rezensionen zu Publikationen deutscher und französischer Frauen- und Geschlechterforscherinnen unterschiedlicher Couleur.
Autorenportrait
Ingrid Galster ist Professorin i.R. für Romanische Literaturwissenschaft an der Universität Paderborn. Sie hat als Autorin oder Herausgeberin unter anderem drei Bücher zu Simone de Beauvoir und sechs Bücher zu Jean-Paul Sartre bei französischen Verlagen publiziert.
Inhalt
Einleitung
Erster Teil: SIMONE DE BEAUVOIR
I. Die vier Rollen Simone de Beauvoirs. Eine Würdigung
II. Das andere Geschlecht
1. Das andere Geschlecht, Fundament des egalitären
Feminismus
2. 'Kurz vor dem Brechreiz'. Die Rezeption von Beauvoirs Anderem Geschlecht 1949
3. Relire Beauvoir. Das andere Geschlecht sechzig Jahre später
4. Plädoyer für eine kritische Edition von Simone de Beauvoirs Anderem Geschlecht
III. Partnerin Sartres
1. Das intellektuelle Paar des Jahrhunderts
2. Genese, Theorie und Praxis des Engagements bei Beauvoir und Sartre
IV. Beauvoir unter deutscher Besatzung
V. Tagebuch und Korrespondenz
1. Auf der Suche nach einem ebenbürtigen Geist (Tagebuch 1926-1927)
2. Die Geburt Simone de Beauvoirs (Tagebuch 1926-1930)
3. Briefe an Sartre und Nelson Algren
4. Korrespondenz mit Jacques-Laurent Bost
VI. Posthume Rezeption in der Pariser Presse
1. Das Ende einer Epoche? Die Nachrufe
2. 'Eine machistische und engstirnige Frau'.
Die Rezeption der nachgelassenen Schriften
VII. Buchkritiken
1. Psychoanalytische Soziologie?
Über das Buch von Toril Moi
2. 'Eine gelungene autobiografische Erzählung'.
Éliane Lecarme-Tabone kommentiert
Mémoires d'une jeune fille rangée
Zweiter Teil: FRAUEN- UND GESCHLECHTERFORSCHUNG
I. Französischer Feminismus
1. Positionen des französischen Feminismus.
Ein Überblick
2. Fünfzig Jahre nach dem Anderen Geschlecht: Wo steht der französische Feminismus heute? Ein Interview mit der französischen Historikerin Michelle Perrot
3. Wege des Feminismus zwischen Frankreich und den USA (1947-2000)
4. Französischer Feminismus vor 1970
II. Frauen in der Wissenschaft
1. Frauen in der Wissenschaft in Deutschland und Frankreich
2. Chancengleichheit in Berufungsverfahren
3. Gleichberechtigung an Hochschulen. Ein Interview mit Ingrid Galster
III. Buchkritiken
1. Frauen - Hüterinnen des Feuers.
Katharina Rutschky auf der Höhe der Zeit
2. Atempause. Ute Gerhard liefert eine
Bestandsaufnahme des Feminismus
3. Mixität und Parität.
Sylviane Agacinski zur Politik der Geschlechter
4. Auf dem Holzweg?
Élisabeth Badinter kritisiert den Feminismus
5. Aufstand gegen die Muttermilch.
Élisabeth Badinter bekämpft den Naturalismus
6. Von Intellektuellenfrauen und intellektuellen Frauen.
Die kulturellen Zentren Pontigny, Royaumont und Cerisy im Genderblick (1910-2002)
7. Romanistik im Dialog? Plädoyer für eine gegenderte Geschichte der romanischen Literaturen
Personenregister
Über die Autorin