Beschreibung
Doris Mosbach, „Married in blue, love ever true …“: Kleidungskodes traditioneller, modischer und alternativer Hochzeitsausstattungen
Summary. This article begins with a description of contemporary wedding dress codes in the US. The bridal attire is considered to be the essential clothing configuration which determines all other configurations worn by the groom, the attendants and the guests. Within this configuration the bridal veil is not just the accessory with the oldest tradition, but also, more than any other piece of clothing, identifies the bride. The second part of the article deals with the dynamics of the relevant clothing codes. Even though the codes of wedding etiquette are extraordinarily stable, their paradigmatic, syntagmatic, and pragmatic rules are modestly varied by the changing fashions. Finally, informal, alternative wedding clothing is analyzed as clothing worn to break up the etiquette rules of wellformedness by ignoring, transforming, or transferring the established codes.
Zusammenfassung. Der Aufsatz beschreibt zunächst die traditionellen Kleidungskodes der gegenwärtigen Hochzeitsetikette in den USA. Die Kleidung der Braut wird als die zentrale Kleidungskonfiguration herausgestellt, von der alle anderen Kleiderrollen der Zeremonie abhängig sind. Der Brautschleier ist dabei nicht nur eines der ältesten Brautaccessoires, sondern identifiziert die Braut wie kein weiteres Kleidungsstück. Im zweiten Teil des Aufsatzes wird die Dynamik der relevanten Kleidungskodes betrachtet. Auch wenn die Kodes der Hochzeitsetikette außergewöhnlich stabil sind, wird die Brautkleidung durch das wechselnde Angebot der Mode sowohl in ihren paradigmatischen, syntagmatischen und pragmatischen Regeln zumindest geringfügig variiert. Schließlich wird informale, alternative Hochzeitskleidung untersucht, die darauf angelegt ist, die Wohlgeformtheitsregeln der Etikette aufzubrechen, indem die etablierten Kodes unterlaufen, transformiert oder transferiert werden.
Susan B. Kaiser / Angela Flury, Frauen in Rosa: Zur Semiotik der Kleiderfarben
Summary. In the context of the sign processes which assign meaning to clothing, colors are very important. Written from a historico-cultural and post-structural perspective, this article shows how colors can influence, limit, and even determine the meaning of clothing. Furthermore, the article draws attention to the color pink and examines the developments that have helped to stabilize this color as a sign of unambiguous, white femininity. The second part of the article analyzes the use of pink in two movies: one from the ’70s (Grease) and the other from the ’80s (Pretty in Pink). In this context the established meanings of pink are called into question, and new relationships between pink and modified models of femininity or new forms of feminine behavior take their place. From an unambiguous sign the color pink gradually changes into a modern, ambivalent sign that connects various (social, gender- or ethnicity-specific) aspects of the construction of feminine identity.
Zusammenfassung. Im Kontext der Zeichenprozesse, durch welche Kleidung zu ihrer Bedeutung gelangt, spielen Farben eine wichtige Rolle. Aus einer kulturgeschichtlichen und poststrukturalistischen Perspektive heraus zeigt der Artikel, wie Farben generell die Bedeutung von Kleidung beeinflussen, einschränken oder sogar bestimmen können. Darüber hinaus wird die Aufmerksamkeit auf die Farbe Rosa gerichtet und die Entwicklung untersucht, die im Kontext der amerikanischen Nach-kriegszeit zur Stabilisierung dieser Farbe als Zeichen eindeutiger, weißer Weiblichkeit beigetragen hat. Im zweiten Teil des Aufsatzes wird der Gebrauch der Farbe Rosa in zwei Filmen aus den siebziger und achtziger Jahren (Grease und Pretty in Pink) analysiert. In diesem Kontext werden die etablierten Bedeutungen dieser Farbe in Frage gestellt und Beziehungen hergestellt zwischen Rosa einerseits und veränderten Weiblichkeitsmodellen bzw. neuen Formen weiblichen Verhaltens andererseits. Von einem eindeutigen Zeichen wird Rosa allmählich zu einem modernen, ambivalenten Zeichen, das verschiedene (soziale, geschlechtsspezifische, rassenbedingte) Aspekte der Konstruktion weiblicher Identität zueinander in Beziehung setzt.
Patrizia Calefato, Kleidung als Jargon: Zur Soziosemiotik der Uniform
Summary. If one transfers Saussure’s distinction between langue (‘language system’) and parole (‘speech’) to the sign system of clothing, one arrives at a distinction between costume and everyday clothing. While costumes are characterized by a strictly coded assembly of clothing signs, everyday clothing is a weakly coded and mostly context-based configuration of signs. This article reflects this distinction with respect to the example of uniforms. By uniforms the author means not only military or working uniforms but also the so-called “uniforms" worn by members of subcultures. On the one hand, the uniform is considered a “text" which creates social safety. On the other hand, various examples are given which demonstrate strategies for undermining this safety and thereby changing the logic of uniforms.
Zusammenfassung. Saussures Unterscheidung zwischen „langue“ (‚Sprache’) und „parole“ (‚Sprechen’) führt, auf das Zeichensystem Kleidung übertragen, zur Unterscheidung zwischen der Tracht, die durch eine streng kodierte Zusammensetzung von Kleidungszeichen charakterisiert ist, und dem alltäglichen Sich-Bekleiden, welches dagegen eine schwach kodierte, zumeist kontextabhängige Zeichenkonfiguration liefert. Der folgende Beitrag setzt sich mit dieser Unterscheidung am Beispiel von Uniformen auseinander. Darunter werden hier nicht nur militärische oder Arbeitsuniformen verstanden, sondern auch die so genannten „Uniformen“, die sich Subkulturen zulegen. Die Uniform wird hier als Text verstanden, der zur Herstellung gesellschaftlicher Sicherheiten beiträgt. Wie an Hand von zahlreichen Beispielen gezeigt wird, ergeben sich daraus jedoch Strategien zur Unterminierung dieser Sicherheiten, die die Logik der Uniform nicht unangetastet lassen.
Antonella Giannone, Streit um die Kleidung: Das Kopftuch als Zeichen im Kulturkonflikt
Summary. Recent discussions on the Moslem headscarf mostly take into account only the prototypical meanings of this sign that are fixed within collective imagination. They subject the sign to a process of abstraction that ignores contextual factors as well as individual reasons for wearing a headscarf. Classified as a religious and political sign, the headscarf is declared to be incompatible with the neutrality required of public institutions. A woman who is wearing a headscarf is confronted with the merely hypothetical model of a neutral person. The author first discusses the various discursive interpretations of the headscarf as well as the cultural mechanisms that lead to its conception as a “sign of otherness“. She then emphasizes the aspects that are more specific to clothing, demanding a more differentiated context-oriented conception of headscarfs and emphasizing their ambivalent relational character.
Zusammenfassung. Die aktuelle Debatte über das moslemische Kopftuch erkennt fast nur prototypische, in der kollektiven Vorstellung fixierte Bedeutungen dieses Zeichens an und unterwirft es einem Abstraktionsprozess, der kontextuelle Faktoren sowie individuelle Gründe des Kopftuchtragens außer Acht lässt. Als religiöses und politisches Zeichen klassifiziert, wird das Kopftuch für unvereinbar mit dem Neutralitätsgebot öffentlicher Institutionen erklärt und der Kopftuch-tragenden Frau eine bloß hypothetische neutrale Gestalt gegenübergestellt. Dieser Aufsatz setzt sich zunächst mit der Interpretation des Kopftuchs in den verschiedenen Diskursen sowie mit den kulturellen Mechanismen auseinander, die zur Konstruktion des Kopftuchs als eines „fremden Zeichens“ führen, und hebt anschließend die kleidungsspezifischen Aspekte der Kopftuchfrage hervor. Diese zwingen zu einer differenzierteren kontextbezogenen Auffassung von Kopftüchern sowie zur Betonung des ambivalenten relationalen Charakters, den sie als Kleidungszeichen haben.
Barbara Vinken, Marie-Antoinette: Kultkörper, verworfen und heilig
Summary. This article focuses on the transformational processes that promote people to the rank of saints or (in a more modern sense) to celebrities. The author gives a sketch of the archaeology of this phenomenon with special reference to the example of Queen Marie Antoinette, also called “the Queen of Fashion“. The Queen’s life-style and her affinity for clothing and fashion gave her a historically unprecedented image as a woman in the modern bourgeois sense and led to considerable changes in the ways of understanding the royal body. The author shows how pornographic representations of Marie Antoinette desecrated her royal body and how she was later humanized and sanctified.
Zusammenfassung. Im Mittelpunkt dieses Aufsatzes stehen die Transformationsprozesse, durch welche Menschen zu Heiligen oder im moderneren Sinn zu Stars aufgebaut werden. Die Archäologie des Starphänomens wird hier am Beispiel des aus historischen Biographien zusammengesetzten Lebens der Königin Marie-Antoinette skizziert, die unter anderem als „Königin der Mode“ bezeichnet wurde. Durch ihren Lebensstil sowie durch ihr Verhältnis zu Kleidung und Mode leitete die Königin eine epochale Wende ein und wurde somit zu einer Frau im modernen bürgerlichen Sinn. Dieser Prozess führte zu erheblichen Veränderungen im Verständnis eines königlichen Körpers. Diesbezüglich geht der Aufsatz sowohl der Entsakralisierung des königlichen Körpers durch die pornographische Darstellung Marie-Antoinettes als auch seiner Vermenschlichung und der anschließenden Heiligsprechung nach.