Autorenportrait
Aus diesen Aufzeichnungen kann weder eine Theorie noch eine Praxis abgeleitet werden. Es wäre bedauerlich, wenn der Anschein erweckt würde, dass die Welt auf ein dialektisches Schema gebracht werden könnte. Vielmehr soll die menschliche Vorliebe für dialektisches Denken an verschiedenen Modellen sichtbar werden: manchmal in ungünstiger Beleuchtung, um fremde Vorstellungen verdächtig zu machen, manchmal in günstiger, um eigene zu befördern.
Die Modelle sind an zeitliche und räumliche Umgebungen gebunden. In vielen stecken gewisse Axiome, die erst bewiesen und widerlegt werden können, wenn die Wirkung der Prozesse, die sie zu fassen suchen, in ihrem ganzen Ausmaß sichtbar wird. Dabei muss jedes Modell, indem es sich überhaupt absondert, mehr oder weniger einseitig sein.
Es wäre nicht schlecht, wenn der eine oder andere Satz eine Art Sprungbrett ins Ungewisse abgäbe. Auch ein Stein des Anstoßes ist nicht zu verachten. Gegensätze oder dialektische Prozesse werden nicht, wie etwa bei Hegel, von einem Absoluten hergeleitet oder auf Absolutes bezogen. Wer sich etwas Derartiges zutraut, mag es selbst versuchen; er frage sich aber, ob es dabei mit bloßen Worten getan ist.
Andererseits wird nirgends behauptet, es könne so etwas geben wie eine freischwebende Dialektik.
Wie in der Physik auf grobe Weise Elektrostatik von Elektrodynamik unterschieden wird, könnte man auch statische Polaritäten von dialektischen Prozessen unterscheiden, die unter Umständen daraus hervorgehen. Beides, sowohl Statik als auch Dynamik, ist in den Modellen zugelassen. Auf diesen Unterschied, der leicht zu erkennen ist, wird nicht eigens hingewiesen.
Die Philosophen strengten sich an, lückenlose Sinnzusammenhänge herzustellen. Und wenn schon nicht ihre Thesen, so hat doch das Gefüge ihrer Sätze für den unwissenden oder zweifelnden Leser etwas Bedrohliches. Das erinnert an mittelalterliche Ritter, die sich mit Fußgängern erst gar nicht einlassen, und deren Panzer zu sagen scheinen: Hier kann unmöglich hineingestochen werden.
Die Folgen sind bekannt: Gerade die Panzer werden zerschlagen; und selbst wenn das nicht geschieht, veraltet schließlich die ganze Rüstung. War sie prunkvoll gearbeitet, so gibt sie wenigstens ein schönes Museumsstück ab. Dann hat gerade das, was nicht direkt zum lückenlosen System gehörte, sie bewahrt.
Der Sinnzusammenhang aber, der aus nichts als lauter dichtgewebtem Sinn zu bestehen schien, wird womöglich en bloc als Unsinn erklärt. Wie traurig nimmt sich dann der in ihm steckende Fanatismus aus.
Darum ist es vielleicht besser, den Sinn von vornherein mit ein wenig Unsinn zu impfen.