Beschreibung
Geschenksituationen stellen eine jener Situation dar, an die wir uns bis in frühste Kindheit meist positiv zurück erinnern. Sie können als ein bedeutendes Sozialisationserlebnis eines jeden Individuums der westlichen Gesellschaft verstanden werden. Wie wir uns ins in Geschenksituationen zu verhalten haben, erlernen wir aber zunächst nach den Regeln unserer Kultur. In unserer westlichen Kultur packen wir ein Geschenk gleich nach Erhalt aus und zeigen eine positive emotionale Reaktion in Form von Freude und Überraschung, als Zeichen der Dankbarkeit gegenüber dem Schenkenden. Diese Reaktionen sollten wir auch dann zeigen, wenn uns das Geschenk nicht gefällt, um unsere Dankbarkeit dem Schenkenden gegenüber deutlich zu machen. Diese sogenannte Darbietungsregel unterscheidet sich von Kultur zu Kultur und muss zunächst erlernt werden. Nach heutigen Forschungsergebnissen ist davon auszugehen, dass Emotionen zwar phylogenetischer Natur sind, die Art und Weise wie wir diese Emotionen zeigen, aber im Laufe unserer Entwicklung erlernt wird. So kann angenommen werden, dass auch die Art der emotionalen Reaktion auf ein Geschenk im Laufe unserer Entwicklung erlernt wird. Wie erlernen wir aber solche emotionalen Reaktionen und welche Rolle spielen dabei die Bezugspersonen? Während man beispielsweise bei dreijährigen bereits feststellen kann, dass sie eine Vorstellung von einer Geschenksituation entwickelt haben, fehlt es jüngeren Kindern meist noch an Erfahrung.In dieser Arbeit wurde daraus folgend untersucht, wie Kinder im Alter von 22 Monaten das Ausdrücken von Geschenkfreude erlernen. 26 Mutter-Kind-Paare wurden dabei videographiert, wenn das Kind als Abschluss einer Längsschnittsstudie ein Geschenk erhält. Es wurde beobachtet, wie Kinder Emotionen in Abhängigkeit von mütterlichen Emotionsausdruck und Verhalten aufzeigen. Diese Studie bietet einen Einblick in ein Forschungsthema, dem bisher nur wenig Beachtung geschenkt wurde, die Sozialisation von Geschenkfreude.
Autorenportrait
Dr. Michael Glüer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Entwicklungspsychopathologie der Universität Bielefeld. Er forscht und lehrt zur Entwicklungspsychologie und Pädagogik der Kindheit. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem die sozial-emotionale Entwicklung im Vorschulalter sowie die Entstehung und Entwicklung von Bindungsbeziehungen im pädagogischen Kontext.