Beschreibung
Die Texte Hermann Brochs (1886-1951) sind durchzogen von Semantiken des Hörbaren: Ein Klang, der plötzlich an unerwarteter Stelle auftritt, Protagonisten, die sich in entscheidenden Momenten verhören, Szenen des ohrenbetäubenden Lärms und unheimliche Idyllen der Stille. Die vorliegende Studie geht diesem Phänomen der Metaphern des Akustischen bei Broch zum ersten Mal auf den Grund. Brochs Texte und die Metaphern des Hörbaren sind dabei als Kommentar zum Politischen zu lesen. Er schreibt im Kontext der 1930er- und 40er-Jahre, als Hitlers Stimme durch Radio und Reden das akustische Medium wie nie zuvor für propagandistische Zwecke monopolisiert. Die Arbeit verfolgt daher einen Interpretationsansatz, der in Rückgriff auf Paul Ricoeur und Jacques Rancière literarische Ästhetik und politische Aussage des Textes beständig miteinander verknüpft. Welches Medium kann sich dem der Diktatur entgegensetzen? Muss anti-totalitäre Kommunikation dies auch in ihrer Form sein? Welche Rolle kommt dem Schreibenden in einer Demokratie zu? Fragen, die sich in Zeiten neuer Konflikte zwischen Medien und Herrschenden immer wieder stellen und auf die das Werk Hermann Brochs eine eigene Antwort gibt.
Autorenportrait
Victoria Weidemann hat an der LMU München, der EHESS Paris und der Sorbonne (Paris IV) Komparatistik, Romanistik und Sozialwissenschaften studiert und an der FU Berlin promoviert. Ihr Forschungsinteresse gilt insbesondere den Schnittstellen von Text, Musik und Politik. Die Autorin lebt und arbeitet in Frankreich.