Beschreibung
Bei bedeutenden Autoren und Werken sucht die Literaturwissenschaft die intertextuell relevanten Vorbilder oder Vorgaben in der Regel zunächst bei anderen bedeutenden Autoren und Werken. Bei Eichendorffs Erzählung Das Marmorbild ist hierfür jedoch als erstes ein Autor minderen Ranges zu nennen: der Trivialromantiker Otto Heinrich Graf von Loeben, Eichendorffs maßgebender Anreger und Freund in der Heidelberger Zeit. Bekanntlich hat sich Eichendorff bald von Loeben distanziert. Dabei war die implizite Darstellung dieser Distanzierung in seinen dichterischen Werken vielfältiger, als man bisher gesehen hat. Im Marmorbild ist sie besonders umfassend eingebracht: Die Erzählung übt, sowohl in offenkundigen Parodien auf den Sprachstil wie in der massiv negativen Kennzeichnung der religiösen Orientierung, scharfe Kritik an Loebens Dichtung, um gleichzeitig die demgegenüber neu gewonnene Dichtungskonzeption anschaulich vorzuführen. Das leitende Interesse gilt also nicht - wie in der neueren Forschung vielfach angenommen - der psychischen Entwicklung des jungen Dichters Florio bei seinen Liebeserlebnissen, so bedenkenswert die Aussagen hierzu erscheinen; den Vorrang hat vielmehr das poetologische Anliegen. Die Arbeit setzt somit, wie der Untertitel anzeigt, den Ansatz fort, den der Verfasser bereits in seinen beiden Büchern über Eichendorffs Taugenichts sowie Das Schloß Dürande und Die Entführung (erschienen 2000 und 2004 in diesem Verlag) verfolgt hat.
Autorenportrait
Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Münster, Wien, Tübingen und Göttingen. Promotion in mittelalterlicher Geschichte in Münster und dort wissenschaftlicher Assistent. Danach Gymnasiallehrer für Deutsch und Geschichte in Mittelfranken und Lehrbeauftragter für mittelhochdeutsche Sprache und Literatur an der Universität Würzburg.