Beschreibung
Irène Némirovsky, französische Schriftstellerin russisch-jüdischer Herkunft, wurde 1929 mit ihrem ersten Roman David Golder schlagartig berühmt. In den dreissiger Jahren des 20. Jahrhunderts war Némirovsky - zunächst als exotisches Wunderkind, bald aber als ernst genommene Autorin - überaus populär. Ihre Romane erreichten hohe Auflagen; die Autorin selbst war mit vielen ihrer heute ungleich bekannteren literarischen Zeitgenossen befreundet und wurde von ihnen hoch geschätzt. Im Juli 1942 wurde Irène Némirovsky nach Auschwitz deportiert. Némirovsky hinterlässt ein umfangreiches literarisches Erbe, das erst in den letzten Jahren allmählich wiederentdeckt wird. Dieses Buch untersucht die narrativen Inszenierungen von Identität in den Texten Némirovskys. Hier geht es vor allem um die Problematik einer unerwünschten jüdischen Identität, die diese assimilierte, ansatzweise durchaus auch an den Antisemitismus assimilierte Autorin sich in ihren überaus französisch stilisierten Texten buchstäblich vom Leib zu schreiben scheint; aber auch um die literarische Konfrontation mit diversen Negativbildern einer ebenso monströsen wie destruktiven Weiblichkeit. Hier werden die Spuren verfolgt, die traditionelle stereotype Imaginationen des Jüdischen und des Weiblichen in diesen Texten hinterlassen haben; vor allem aber wird gezeigt, wie bei Némirovsky sowohl das Jüdische als auch das Weibliche die Funktion einer Chiffre der Fremdheit (Hans Mayer) übernimmt. Das Werk Némirovskys wird hier umfassend und unter verschiedenen Aspekten beleuchtet; die - noch wenig bekannten, nur zum Teil ins Deutsche übersetzten - Texte selbst werden ausführlich zitiert. Das Buch stellt damit nicht zuletzt eine allgemeine Einführung in die Lektüre dieser faszinierenden, lange Zeit zu Unrecht vernachlässigten Autorin dar.