Beschreibung
Die Richter streiten sich nicht, jedenfalls nicht öffentlich. Sie suchen gemeinsam
nach Lösungen und finden (meist) kluge Kompromisse. Sie müssen sich
nicht profilieren, denn sie entscheiden als Kollektiv. Sie können unpopuläre
Vorschläge machen, weil sie die nächste Wahl nicht zu fürchten brauchen. Und
das Beste ist: Sie behaupten, das alles sei gar keine Politik, sondern Verfassungsrecht.
Christian Rath beschreibt, wie die Karlsruher Richter sehr wohl Politik betreiben,
indem sie das oft vage Grundgesetz konkretisieren ? und warum diese
Richterpolitik gerade in Deutschland, der verspäteten Demokratie, so gut ankommt.
In anderen politischen Kulturen würde eine so weitgehende Richteraufsicht
über die gewählten Volksvertreter kaum akzeptiert. Rath will den Zauber
des mächtigsten Gerichts Europas nicht zerstören, aber doch das Verhältnis zu
Parlament und Regierung auf eine neue Basis stellen. Die Macht der juristischen
Nebenregierung könnte, so die Sorge, die Demokratie beschädigen.
Autorenportrait
Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz,
der Badischen Zeitung, des Kölner Stadtanzeigers, der
Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, der Märkischen Allgemeinen
Zeitung, der Mitteldeutschen Zeitung, der Kieler
Nachrichten und der Südwestpresse. Er ist promovierter
Verfassungsjurist und Mitglied der Justizpressekonferenz
in Karlsruhe seit 1995.