Beschreibung
«Als meine Mutter lebe ich noch und werde alt.» (Nietzsche) Die Umstände von Friedrich Nietzsches (1844–1900) Zusammenbruch im Januar 1889 hätten dramatischer kaum sein können: Innert weniger Tage versendet er Dutzende von Briefen, unterzeichnet mit «Nietzsche Caesar», «Der Gekreuzigte» oder «Dionysos », in denen er unter anderem seinen Willen verkündet, «den jungen Kaiser füsillieren», «alle Antisemiten» und «Bismarck […] erschießen» oder gar den «Papst ins Gefängniß» werfen zu lassen. Kurz nach diesen sogenannten «Wahnsinnszetteln» verfällt der Philosoph für den Rest seines Lebens in beinahe vollständige geistige Umnachtung. Fortan kümmert sich die Mutter liebevoll und aufopfernd um den Kranken – aber mitnichten selbstlos: Denn fast scheint es, als sei dessen Leiden für die Pastorenwitwe eine willkommene Gelegenheit, den an Atheismus und Freigeisterei verloren geglaubten Sohn auf die frommen Pfade des ländlichen Protestantismus, seiner geistlichen und familiären Heimat, zurückzuführen. Aus der Perspektive der Mutter, in der jedoch die Stimme des Sohnes unterschwellig hörbar bleibt, erzählt Die Heimholung von einem abgründigen, zutiefst ambivalenten Beziehungsdrama – und einer Liebesgeschichte.
Autorenportrait
Der Autor: Ludger Lütkehaus, geb. 1943, ist Professor für Literaturwissenschaft und Mitglied des deutschen P.E.N.-Zentrums. Spätestens seit der von ihm besorgten Schopenhauer-Ausgabe (1988) gilt Lütkehaus weltweit als einer der Schopenhauer-Experten schlechthin. Sein epochales Buchs Nichts (EA 1999; 9. Aufl. 2010) hat ihn über die Grenzen seines Faches hinaus bekannt gemacht. In seinen Publikationen widmet er sich seit 1976 mit Vorliebe den Themenbereichen Literatur, Philosophie und Psychologie des 18. bis 20. Jahrhunderts. Für sein Schaffen wurde Ludger Lütkehaus mit zahlreichen Preisen, zuletzt 2009 mit dem Friedrich-Nietzsche-Preis des Landes Sachsen-Anhalt, ausgezeichnet.