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Inkarnieren

Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung 8/1/2017

Engell, Lorenz / Siegert, /
Erschienen am 01.04.2017
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783787331673
Sprache: Deutsch
Umfang: 215
Auflage: 1. Auflage

Beschreibung

Abstracts Frank Ruda: Mut zurzeit Der Beitrag verhandelt den Begriff des Muts und beginnt diese Verhandlung ausgehend von der Frage, wie eine Kategorie, die die Geschichte der Philosophie zu durchziehen scheint, gegenwärtig an Relevanz und Einfluss verlieren kann. Er identifiziert den Grund dafür in der aristotelischen Bestimmung des Muts als männlich-militärischer Tugend und setzt dieser Bestimmung in der Folge eine Neubestimmung entgegen, die zu denken versucht, was weiblicher Mut sein kann. The paper discusses the concept of courage, starting from the question of how it is possible that a category, which seems to permeate the history of philosophy, currently loses its relevance and influence. It identifies the rea- son for this in the Aristotelian definition of courage as a male and military virtue, and subsequently confronts it with a new definition, trying to imagine what female courage could be like. HansChristian von Herrmann: Das Projektionsplanetarium als hyperreales Environment In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Jenaer Zeiss-Werk im Auftrag des Deutschen Museums in München das Projektionsplanetarium als immersives Modell des Universums entwickelt. In ihm hallte eine lange Geschichte von Himmelsgloben, Armillarsphären, Astrolabien und mechanischen Planetarien nach, die seit der Antike als astronomische Demonstrationsobjekte gedient hatten. Erstmals aber fand sich diese Aufgabe nun mit einer Simulation des raum-zeitlichen In-der-Welt-Seins des Menschen verbunden. In the years following the First World War, commissioned by the German Museum in Munich, the projection planetarium was developed as an immersive model of the universe at the Zeiss plant in Jena. In it, a long history of celestial globes, armillary spheres, astrolabes, and mechanical planetaria resonated, which had served as astronomical demonstration objects since ancient times. For the first time, however, this task was associated with a simulation of mans spaciotemporal being-in-the-world. Karen van den Berg: Zur Epistemologie gegenwärtiger Zeigeregime: Louvre Lens und der Apple Store am Union Square in San Francisco Wie kommt es, dass sich der Flagship-Store eines Technikkonzerns präsentiert wie eine öffentliche Kunsthalle, während die Dependance des Louvre in Nord-Pas-de-Calais wirkt, als würde man eine iPad-Benutzeroberfläche betreten? Der Beitrag liefert eine Analyse des Louvre Lens und beleuchtet das Projekt in Hinblick auf seine verblüffenden ästhetischen Familienähnlichkeiten in Materialsprache, Struktur und Atmosphäre zu neueren Apple Stores. Dabei wird versucht, die kulturellen und mentalitätsgeschichtlichen Codes zu entziffern und zu plausibilisieren, dass sich hier eine Epistemologie entfaltet, die die Welt als simultan präsentes Symbolsystem begreift. How is it that the flagship store of a technology company presents itself as a public arthall, while the branch of the Louvre in Nord-Pas-de-Calais looks like the user interface of an iPad? The paper provides an analysis of the Louvre Lens and illuminates the project in terms of its stunning aesthetic similarities in material language, structure and atmosphere to recent Apple Stores. Furthermore, it attempts to decipher the cultural and mental-historical codes and argues that an epistemology is developing here which comprehends the world as a simultaneous symbolic system. Vittorio Hösle: On Some Specific Traits of Russian Culture. Changes and Continuities Between the PreSoviet, the Soviet, and the PostSoviet Phase The essay discusses the question in which sense there are continuities between the pre-Soviet, the Soviet, and the post-Soviet phase of Russian culture. It discovers in the rejection of the bourgeois value system an important constant factor. Even if originally rooted in the specific orthodox Christian sensibility, it helped prepare the Soviet revolution and survived even after 1991. From the Song of Igors Campaign to Tolstoys dramas, Eisensteins films and his film theory, and Maxim Kantors iconic interpretations of the late Soviet Union and its aftermath the essay tries to unveil crucial features of Russian culture. Der Aufsatz diskutiert die Frage, in welchem Sinne es Kontinuitäten zwischen der vor-sowjetischen, der sowjetischen und der post-sowjetischen Phase der russischen Kultur gibt, und entdeckt in der Ablehnung des bürgerlichen Wertesystems einen wichtigen konstanten Faktor. Auch wenn sie ursprünglich in der spezifischen orthodoxen christlichen Sensibilität verwurzelt war, half sie, die sowjetische Revolution vorzubereiten, und überlebte auch noch nach 1991. Von dem Igorlied bis hin zu Tolstois Dramen, Eisensteins Filmen und Filmtheorie sowie Maxim Kantors ikonischen Interpretationen der späten Sowjetunion und ihren Nachwirkungen enthüllt der Aufsatz entscheidende Merkmale der russischen Kultur. Maria Muhle: Praktiken des Inkarnierens: Nachstellen, Verkörpern, Einverleiben Die medienästhetische Rede vom Inkarnieren, der Verkörperung oder dem embodiment teilt mit dem theologischen Verständnis der Inkarnation als Fleischwerdung die Annahme eines möglichen Übergangs von einem immateriellen Prinzip zu etwas genuin Materiellem. Ästhetische Verkörperungen wurden zuletzt vermehrt unter dem Schlagwort des reenactment diskutiert, das darauf abzielt, eine historische Situation nach-erlebbar und damit zugänglicher zu machen. Verkörpernde Nachstellungen müssen aber nicht ausschließlich einer solchen identitären Logik verpflichtet sein, sie können vielmehr auch exzessive, hypermimetische Effekte produzieren, wie anhand der Besessenheitsrituale der Hauka und ihrer filmischen Verarbeitung durch Jean Rouch in Les Maîtres Fous gezeigt werden kann. Just as the theological notion of incarnation, the media-aesthetic term embodiment implies a transition from an immaterial principle to something genuinely material. Aesthetic embodiments are increasingly discussed un- der the keyword reenactment, which aims to re-experience a historical situation and thus make it more accessible. Reenactments, how- ever, do not have to be bound exclusively to such a logic of identity; instead, they can also produce excessive, hypermimetic effects, as can be shown with reference to the obsession rituals of the Hauka and their cinematic adaptation in Les Maîtres Fous by Jean Rouch. Stephan Gregory: Imagination, Kombination, Defiguration. Monstropoetiken des 18. Jahrhunderts Untersuchungen zur Poetologie des Ungeheuers oder zur Ästhetik des Monströsen im 18. Jahrhundert haben sich bisher fast ausschließlich mit dem Paradigma der weiblichen Einbildungskraft beschäftigt. Im Mittelpunkt dieses Aufsatzes stehen dagegen Holbachs und Diderots Theorien der Monstrogenese, die einen radikalen Bruch mit dem Modell der Imagination, der Ähnlichkeit und der Autorschaft verfügen. Deren interessanteste ästhetische Konsequenz bildet das neue Denken des Ungeheuren, wie es gegen Ende des 18. Jahrhunderts u. a. in der Malerei Goyas hervortritt. Studies in 18th century poetics and aesthetics of the monstrous have so far been concerned almost exclusively with the paradigm of feminine imagination. This paper, in turn, focuses on Holbachs and Diderots theories of monstrogenesis, which articulate a radical break with the model of imagination, similarity and authorship. One of their most interest- ing aesthetic consequences is the new thinking of monstrosity as it appears at the end of the 18th century in Goyas paintings. Helga Lutz: Mit Puppen Spielen. Gefährliche Mimesis Der Text vergleicht zwei fetischistische Puppenexperimente des 20. Jahrhunderts. Auf der einen Seite steht der vielbeachtete Versuch Oskar Kokoschkas, die verlorene Alma Mahler durch eine lebensechte Puppe zu ersetzen. Auf der anderen Seite geht es um die verborgen gehaltenen Bücher des Schweizer Einsiedlers Armand Schulthess, bevölkert von Hunderten von erotischen Collage-Frauen, die kunstvoll zusammengeklebt, vernäht und ineinander gefal...

Autorenportrait

Lorenz Engell ist Professor für Medienphilosophie an der Bauhaus-Universität Weimar und zusammen mit Bernhard Siegert Direktor des Internationalen Kollegs für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (IKKM), Arbeitsschwerpunkte: Arbeiten zur Philosophie des Films, des Fernsehens und zur Serialität, zu medialer Ontologie, Anthropologie, Handlungstheorie und Historiographie sowie zur Theorie kinematographischer Objekte und Motive. Ausgewählte Veröffentlichungen: zus. m. Frank Hartmann und Christiane Voss (Hg.): Körper des Denkens. Neue Positionen der Medienphilosophie (Paderborn 2013); zus. m. Oliver Fahle, Vinzenz Hediger und Christiane Voss: Essays zur Filmphilosophie (Paderborn 2015); zus. m. Christiane Voss (Hg.): Mediale Anthropologie (Paderborn 2016).

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