Beschreibung
In dieser Arbeit wird der politische Klimaschutzdiskurs in Indien analysiert, insbesondere die Positionierung Indiens als großes und mächtiges, noch armes Schwellenland und die Argumentation indischer Akteure in internationalen Klimakonferenzen ab den frühen 1990er Jahren. Die Forschungsmethode stellt eine interdisziplinäre Diskursanalyse kombiniert mit einer politolinguistischen Inhaltsanalyse aller außenpolitischen, öffentlichen indischen Regierungsdokumente, UNFCCC-Einreichungen Indiens und Reden indischer Politiker und Diplomaten anlässlich der Klimakonferenzen dar.
Die anhaltenden Interessenkonflikte zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern dominierten den indischen politischen Klimadiskurs. Vor allem die gerechtigkeitsbasierten Konzepte wie der Pro-Kopf-Ansatz, die historische Verantwortung der Industrieländer, der Vorrang der Armutsbekämpfung und der Wirtschaftswachstumspriorität sowie das international akzeptierte Rechtsprinzip der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“ prägten die Sprache politischer Akteure. Klimapolitische Aussagen, die auf den langfristigen Auswirkungen der kolonialen Vergangenheit, der umweltfreundlichen Kultur Indiens (Mahatma Gandhi) basierten, stellten weitere wichtige kontextuelle Aspekte dar, die zum Schutz der politischen und wirtschaftlichen Interessen Indiens seit den 1990er Jahren auf der internationalen Bühne eingesetzt wurden.
Indiens klimapolitische Sprache war stets von Ambivalenzen, von sowohl defensiven als auch proaktiven Aussagen hinsichtlich Klimaschutz und gegenüber dem internationalen Klimawandelregime geprägt. International hatte Indien dennoch das Image des Blockierers und des Verteidigers der Rechte der Entwicklungsländer inne. Seit 2009 agierten indische Akteure immer mehr im Rahmen der BASIC-Gruppe gemeinsam mit Brasilien, China und Südafrika, um ihre klimapolitischen Interessen gegenüber den Industrieländern zu schützen. Trotz des Wirtschaftswachstums und steigender Treibhausgasemissionen dominierte im klimapolitischen Kontext weiterhin das Narrativ über Indien als am Klimawandel unbeteiligtes und vor allem zu armes Land für verbindliche Emissionsreduktionsziele. Weiterhin führt die Tatsache, dass Indien mit am stärksten vom Klimawandel betroffen sein wird, und dass andererseits die indische Regierung den „westlichen“ Lebensstil anstrebt, der bewiesenermaßen nicht nachhaltig ist, zu einem Dilemma. Denn nicht nur wird die indische Rhetorik angesichts der vergleichbar größeren Armut und Betroffenheit der „Least Developed Countries“ bzw. der kleinen Inselstaaten auf Dauer unglaubwürdig, auch werden die angestrebten wirtschaftlichen Entwicklungsziele aufgrund der Klimawandelfolgen wahrscheinlich in Zukunft massiv beeinträchtigt.