Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 2/2013
Missionsräume - Missionary Spaces
Egger, Christine / Gugglberger, Martina
Erschienen am
14.08.2013
Beschreibung
Missionsgeschichte eröffnet Einblicke in kulturelle und religiöse Aspekte der europäischen Expansion des 19. und 20. Jahrhunderts. In diesem Band werden christliche Missionsgesellschaften und -orden als transnationale Akteure im Prozess der Globalisierung („global player") untersucht. Die Autorinnen und Autoren benützen Methoden, Begriffe, Konzepte, Theorien und Ansätze aus den Geschichts-, Sozial- und Kulturwissenschaften, der Biografieforschung, den Postcolonial Studies, der Bildwissenschaft und der Geschlechterforschung.
Jens Wietschorke zeigt an der Metropole Berlin Parallelen der „inneren" und der „äußeren Mission": Städtische Arbeiterbezirke wurden zum Missionsraum; die innere Mission prägte die ersten sozialpolitischen Konzepte und verlieh ihnen eine religiöse Tiefengrammatik. Christine Egger untersucht die rege Bautätigkeit der bayrischen Benediktinermission im ehemaligen Deutsch-Ostafrika. Sie findet eine transnationale Kirchenarchitektur, die gebaute Missionsräume erzeugt, welche ästhetisch, mental, spirituell und sinnlich eine grenzüberschreitende katholische Gemeinschaft vorstellbar machen. Felicity Jensz analysiert Missionszeitschriften, um die Funktionen protestantischer Missionsschulen des 18. und 19. Jahrhunderts näher zu bestimmen. Erstes didaktisches Ziel war die Fähigkeit der lokalen Bevölkerung, die Bibel zu lesen; vermittelt wurden aber auch säkulare und handwerkliche Fähigkeiten mit dem Ziel, den „Missionierten" im kolonialen Raum einen spezifischen Platz zuzuweisen. Albert Wu erzählt die Geschichte der katholischen Furen University in Peking. Die Universitätspolitik einer katholischen Missionsgesellschaft stieß hier auf säkulare Vorstellungen von den politischen Aufgaben einer chinesischen Universität. Der Konflikt führte nach dem Zweiten Weltkrieg zur Schließung und zum Umbau in eine staatliche Hochschule. Katharina Stornig untersucht die Zirkulation von Fotografien zwischen europäischen Missionsgesellschaften und ihren „Missionsgebieten" in den Kolonien Deutsch-Neuguinea und Togo. An exemplarischen Fotos zeigt sie, wie der „missionarische Erfolg" in die Missionsorganisationen zurückprojiziert und eine religiös-kolonialistische Vorstellung von den „Objekten der Mission" erzeugt wurde. Martina Gugglberger erarbeitet aus biografischen Erzählungen überwiegend deutschsprachiger Missionarinnen in Südafrika ein Gruppenporträt, das dem Erzählmuster des „regulierten Abenteuers" folgt.