Beschreibung
Buchstaben sind Nomaden. Sie halten sich nicht an die Ordnungssysteme von Grammatik und Semantik, Sein und Sinn, Bedeutung und Botschaft. Sie können auch nach dem Lied der Zahlen tanzen. Die Partitur dazu liefert der Alphanumerische Thesaurus. Dabei wird jedem Buchstaben gemäß seiner Stellung im Alphabet eine Ordnungszahl zugeteilt, von A=1 bis Z=26. So kann man für jedes Wort durch Addition seiner Buchstabenwerte eine Summe errechnen, die sein spezifisches Gewicht darstellt. Die Koppelung der Wörter an Zahlen generiert in jeder Rubrik dieses Wörterbuchs eine Collage aus exakt berechneten Substantiven, Verben, Adjektiven und Pronomina. Der Thesaurus versammelt Wortfelder, deren Genealogie allein nach der Logik der Zahlen bestimmt wird. Sie folgt der Formel: Arithmetik vor Semantik. 36 Schrift und Zahlzeichen, die sich aus den 26 Buchstaben unseres Alphabets und der Zahlenreihe von 0 bis 9 zusammensetzen, bilden den Materialkern der alphanumerischen Operationen. Die kombinatorischen Möglichkeiten, die sich aus dieser Konkordanz der Zeichen ergeben, eröffnen der experimentellen Literatur ein weites Feld.
Autorenportrait
Stephan Krass, Literaturredakteur (SWR) und Dozent (HfG Karlsruhe); Bücher, Textinstallationen, Hörspiele. Anagramm-Poem für Enzensbergers Poesieautomat im Literaturmuseum der Moderne Marbach; 2008 erschien Poetischer Doppelpass. Ein Spiel mit Buchstaben und Bällen; 2006 Hörspielpreis der Akademie der Künste Berlin www.stephankrass.de