Beschreibung
Rekonstruiert werden die kulturellen und wissenschaftshistorischen Prozesse von biblischer Zeit bis zur Gegenwart, durch die der Fetischismus zu einem Zentrum der europäischen Kulturen wurde. Fetischismus sollte das 'primitive' Verhalten in außereuropäischen Gesellschaften oder bei 'perversen' und 'entfremdeten' Minderheiten erfassen. Doch das, was archaisch und unaufgeklärt schien, wird zunehmend als das Gegenwärtige, Eigene und Nahe entdeckt. Jean Paul nennt es 'dieses wahre innere Afrika', Marx das 'Geheimnis der Ware', Freud 'das innere Ausland'. Dies ist die fetischistische Kultur, in der wir leben. Von hier aus erscheint die Moderne in neuer Sicht. Sie beendet nicht, sondern universalisiert den Fetischismus, der nicht nur in Massenkultur und Konsum, sondern auch in der Politik oder Sexualität triumphiert. Dass der Fetischismus aus der Moderne nicht wegzudenken ist, erklärt sich auch aus der vergessenen Bedeutung, welche die stummen Dinge im Aufbau der Kultur einnehmen.
Autorenportrait
Hartmut Böhme, Prof. Dr. phil., geboren 1944. Studium der Germanistik, Philosophie, Evangelischen Theologie und Pädagogik. Promotion 1973. 1977 - 1993 Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Hamburg. 1990 - 1992 Fellow am Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen. Seit 1993 Professor für Kulturtheorie und Mentalitätsgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Gastprofessor in New York 1996 und 1998 sowie in Japan 2022. Projektleiter im DFG-Sonderforschungsbereich 'Kulturen des Performativen'. Betreuer im Graduierten-Kolleg 'Codierungen der Gewalt im medialen Wandel' (seit 1999). Dekan von 2000 bis 2002. Ab 2005 Sprecher des DFG-Sonderforschungsbereich 'Transformationen der Antike'.