Beschreibung
Dem Werk des Philosophen Ferdinand Ulrich (geb. 1931) ist bislang eine nachhaltige wissenschaftliche Aufmerksamkeit eher versagt geblieben (außer durch Hans Urs von Balthasar). Dabei hatte er beim ersten Erscheinen seines Hauptwerkes »Homo abyssus - Das Wagnis der Seinsfrage« (1961) zunächst beachtlichen Zuspruch gefunden. Claude Bruaire etwa hatte gemutmaßt, durch das Buch dürfte es wohl zu einer Erneuerung des philosophischen Fragens und Arbeitens kommen. Die spekulative Schwierigkeit, die eigenwillige Diktion und das christliche Fundament, aus dem sich dieses Denken (als Philosophie!) entfaltet, ließen das Werk aber bald wieder in den Schatten des gängigen Diskurses treten. Die vorliegende Untersuchung will Ulrichs philosophische Grunderfahrung von neuem einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.
Ulrich entwickelt in seiner Philosophie von Thomas her, aber im beständigen Gespräch vor allem mit dem deutschen Idealismus und Heidegger (und ebenso mit Marx, Kierkegaard, Nietzsche u. a.) eine »Metaphysik des Seins als Gabe«. Das Buch stellt Ulrich als einen Denker vor, dem es gelungen ist, aus dieser fundamentalen Seinserfahrung traditionelle Metaphysik und Transzendentalphilosophie einerseits mit der Philosophie des Dialogs andererseits zu versöhnen. Ontologische Differenz erweist sich in ihrer Vollgestalt als dialogische Differenz von Ich-Du-Wir. Aus dieser Einsicht eröffnet sich auch eine neue Sicht auf Wort und Sprache als Ausdrucks- und Vollzugsgestalt der dialogischen Differenz.
Ein besonderes Anliegen des Buches ist es zu zeigen, wie Ulrichs Philosophie auch gesprächsfähig mit und befruchtend für viele zeitgenössische Positionen der Philosophie ist. Exemplarisch wird das im Gespräch mit Derridas Philosophie der Gabe und Habermas' Theorie des kommunikativen Handelns gezeigt. Grundlegende Einsichten bietet es auch für Psychologie und Theologie.