Beschreibung
Der Balkan ist nicht nur ein Produkt der kulturellen und politischen Imaginationen des Westens, sondern entstand vielmehr im Fadenkreuz der Blicke aus Ost und West. Als Zwischenraum bot er sich für die Übertragung unterschiedlicher kulturpolitischer Entwürfe eines 'dritten Raumes' an - vom Niemandsland bis zum jugoslawischen 'dritten Weg'. Die medialen Gestalten des Balkans zeigen den Übergang fester Stereotype in entfesselte, imaginäre Phantasmen. Die Autorin untersucht Balkan-Narrative in unterschiedlichen Medien seit dem Niedergang der philhellenischen Begeisterung 1830 bis zur post-jugoslawischen Periode.
Autorenportrait
InhaltsangabeI. Einleitung 1. Der Balkan als Zwischenraum. Zuschreibungen aus Ost und West 2. Formierung des "dritten Raumes" 2.1. Der "dritte Raum" als doppelte Negation: weder Ost - noch West 2.2. Dritte Identität als doppelter Ausschluss 3. Figuren des Sekundären 3.1. Vom Toponym zum Eponym 3.2. Parergon: am Rand von Text- und Bildnarrativen 3.3. Der Balkan als mediales Phantasma 4. Kapitelübersicht II. Hellas gesucht - "Balkan" gefunden. Vom Philhellenismus zum Orientalismus 1. Fallmerayers These: Die Ausrottung der Altgriechen durch Südslawen und Arnauten 2. Hellas' wahre Erben: Cyprien Robert 3. Ort des Verschwindens und der Verstellung. Puskins Erzählungen Der Schuss (1830) und Kirdzali (1834) 4. Die Orientalisierung Bulgariens: Viktor Tepljakovs Briefe aus Bulgarien (1833) 5. Ein polnisch-bulgarischer Kreuzzug gegen die Türken. Michail Czajkowskis Roman Kirdzali. Eine Erzählung aus dem Donaulande (1839) III. Panslawismus und Orientalismus: Völkerstereotype und ihre Ausbildung 1. Der Kaukasus und der Balkan. Russischer und serbischer Fatalismus in Lermontovs Ein Held unserer Zeit (1840) 2. Russlands missglückte Vermählung mit Bulgarien. Turgenevs Am Vorabend (1860) 3. Der Serbisch-Osmanische Krieg von 1876-78 und Russlands verlorene Söhne. Uspenskijs Briefe aus Serbien (1876) und Tolstojs Anna Karenina (1878) 4. Benjamin Kállays Orientalisierung der orthodoxen Slawen IV. Vom Stereotyp zum Phantasma: Der Balkan in Reiseberichten 1. Bosnien und die Herzegowina in Ärzteanekdoten 2. Freud und die Entdeckung des Todestriebes 1898 3. Phantasmen des Unverständlichen und Unsichtbaren 3.1. Babylonische Sprachverwirrung 3.2. Schleier 4. Verhüllung und Enthüllung des Balkans im Europa-Diskurs: Slavoj Zizeks In Search of Balkania (2001) und Tanja Ostojics EU-Slip (2004) 5. Positive Balkan-Stereotype V. Titos "dritter Weg" 1. Jugoslawien als sowjetisches Spiegelbild 1.1. Jugoslawien in kommunistischen Reiseberichten: Entbalkanisierung 1.2. Vom homo balcanicus zum homo sovieticus: Abram Rooms Partisanenfilm In den Bergen Jugoslawiens (1946) 1.3. Sozialistischer Realismus nach sowjetischem Vorbild 2. Die schablonenhafte Befreiung von der sowjetischen Schablone 2.1. Gegenseitige Orientalisierung: Die Balkanisierung Jugoslawiens und die Asiatisierung der Sowjetunion 2.2. Der Kampf um den Primat. Original versus Kopie 2.3. Zum Begriff des "dritten Weges" 2.4. Titoismus als marxistische Neo-Avantgarde 2.5. Tito Stalin ex post 3. Der "dritte Weg" als doppelte Negation 3.1. Die Kampagne gegen den sozialistischen Realismus 3.2. Titos programmatisches Historiengemälde - der Bauernaufstand von 1573 3.3. Die mittelalterlichen Antizipationen des "dritten Weges". Die Ausstellung L'art médiéval yougoslave im Palais de Chaillot in Paris 1950 3.3.1. Die häretische Sekte der Bogomilen und das "neue sozialistische Sehen" 3.3.2. Der jugoslawische Neo-Primitivismus: "Naive" und "Autodidakten" 3.4. Tertium datur. Vielfalt als ästhetische Einheit 3.4.1. Im Reigen der Völker 3.4.2. Im Reigen der Geschichte 4. Jugoslawien als Kippbild 4.1. Die Häresie innerhalb der Häresie 4.2. Ein janusgesichtiges Land 4.3. Der Konsum-Körper des Herrschers 4.4. Von den Schluchten den Balkans in den Wilden Westen: Jugoslawien als neuer Kontinent VI. Die Wiederkehr der Mythen: Erinnerungspolitik 1. Die Heldenepik und das "Wüten der Mythen" 2. Die Schlacht auf dem Amselfeld: Nationalismus und Sakralisierung 2.1. Das Amselfeld in Reiseberichten. Die Entstehung eines mythischen Narrativs 2.2. London die ,Brutstätte' des KosovoMythos während des Ersten Weltkrieges: Robert William SetonWatson und Ivan Mestrovics KosovoTempel 2.3. Die Auferstehung der Heiligen Krieger in Serbien 1989 2.4. Die Sakralisierung des Kosovo 1999 in Russland und im Westen 2.5. Dekonstruktion der serbischen mythischen Narrative bei Marina Abramovic VII. Thanatologische Phantasmen der Balkan-Kriege 1. Medien im Ausnahmezustand. Metatexte, Metabilder
Sonstiges
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