Beschreibung
In Europa erfand man sich aus den bruchstückhaften Informationen über China seit den ersten Berichten der Jesuiten zunächst das utopische Bild eines aufgeklärten Staates, das man in spielerischer Weise in die eigene Welt - meist als Architektur-Chinoiserie oder als mit chinesischen Papierbildern tapezierte Räume - integrierte. Dort spielte man sozusagen China. Am Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts lösten Übersetzungen originaler chinesischer Literatur die im Westen erfundenen chinesischen" Geschichten ab. Goethe, Heine und Rückert waren fasziniert von der Zierlichkeit" (Goethe) dieser literarischen Welt. Der Kolonialismus führte zu einem vollständigen Wandel der Wahrnehmung Chinas und der Chinesen. Die Vorstellung von ihrer besonderen Grausamkeit wurde populär und endete im Slogan von der gelben Gefahr. Das hinderte jedoch nicht, dass sich während dieser Auseinandersetzungen, vor allem vermittelt über Japan und die begeisterte Aufnahme japanischer Kunst im Europa der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, eine neue Wissenschaft - die Sinologie - und damit auch die Wertschätzung der bis dahin unbekannten Malerei der Gelehrten" und ihrer Kunsttheorie zu etablieren begann. Vom europäischen Blick auf China, den vielfältigen Beziehungen Europas zu China und Missverständnissen, den auf Bildwelten gegründeten Narrativen und dem Spiel Europas mit einem fiktiven China handelt das letzte große Buch von Hans Holländer.
Autorenportrait
Hans Holländer (1932 -2017) war einer der profiliertesten Kunsthistoriker Deutschlands. Holländer begann sein Studium 1952 in den Fächern Physik und Mathematik in Hamburg war zwischenzeitig Bergarbeiter in Castrop-Rauxel, wo er es bis zum Lehrhauer brachte, und wurde in Tübingen nach seinem Studium sein Studium in den Fächern Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie 1959 wurde er in Tübingen mit einer Arbeit über Das romanische Tympanon" promoviert. Ab 1961 Assistent am Kunsthistorischen Institut in Tübingen, 1964 Habilitation mit einer Arbeit über Mittelalterliche Evangelistenbilder", Holländer erhielt eine Dozentur für das Fach Kunstgeschichte. 1971 erfolgte sein Ruf auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der RWTH Aachen, den er bis zu seiner Emeritierung 1997 innehatte. Durch Vorträge, Gutachten und Mitwirkung bei Ausstellungen war Holländer über viele Jahre hinweg der Universität für angewandte Kunst Wien sehr verpflichtet. Schwerpunkte seiner Forschungen und Publikationen: Bücher und Aufsätze zum Frühen Mittelalter, zum Thema Kunstkammer und zum Manierismus, zum Thema Augenblick und Zeitpunkt, zum Surrealismus und zum Phantastischen, zur Anderen Seite der Moderne, zu Hieronymus Bosch, Leonardo da Vinci, Piranesi, Francisco Goya, Rudolf Hausner, Paul Wunderlich und zur Geschichte und Theorie des Spiels. Ernst Strouhal, ao. Univ.-Prof. an der Universität für angewandte Kunst Wien (Abt. f. Kulturwissenschaften); Lektor an der Technischen Universität Wien u. an der Universität für darstellende Kunst Autor, Publizist, Mitarbeit bei vielen Ausstellungen. 2010 Österr. Staatspreis für Kulturpublizistik. Zuletzt u. a. in Buchform erschienen: Arnold Schönberg - Spiele, Konstruktionen, Bricolagen (2004); Rare Künste. Zur Kultur- und Mediengeschichte der Zauberkunst (2008, gem. mit B. Felderer); Umweg nach Buckow. Bildunterschriften (2009); Spiel und Bürgerlichkeit. (2010, Hrsg. gem. mit U. Schädler); Das Spiel und seine Grenzen (2010; Hrsg. gem. mit M. Fuchs); Spiele der Stadt. Glück, Gewinn und Zeitvertreib (2012, Hrsg. gem. mit M. Zollinger, B. Felderer); Im Zoo der imaginären Tiere. Vom Projekt einer ästhetischen Menagerie (2012); Marcel Duchamp / Vitali Halberstadt (2013); Die Welt im Spiel. Atlas der spielbaren Landkarten (2015); Agon und Ares. Der Krieg und die Spiele (Hrsg., 2016); Böse Briefe. Eine Geschichte des Drohens und Erpressens (gem. mit C. Winder, 2017).