Beschreibung
Die Maschinen, die sich der Mensch einst erträumte, scheinen heute selbst zu träumen. Dank immer ausgefeilteren Algorithmen rechnen Rechner heute nicht mehr nur, sondern schreiben Drehbücher, malen Bilder oder komponieren Musik. Die Frage, ob Computer kreativ sein können, ist hinfällig geworden. Interessanter ist die Frage, wie sie es sind.
Was den Bereich der logischen Operationen anbelangt, bezweifelt niemand mehr, dass Computer den Menschen längst übertroffen haben. Grösser sind die Vorbehalte bei der Kunst: Ein Computer, so der Vorwurf, könne niemals wirklich kreativ sein, zumindest nie so kreativ wie der Mensch. Was bei der normativ gefärbten Debatte um die Möglichkeiten simulierter Kreativität zu kurz kommt, ist die unvoreingenommene Beschäftigung mit dem konkreten Kunstwerk. Um dem entgegenzuwirken, beleuchtet der Autor ausgewählte Beispiele künstlicher Kreativität – von Film über Malerei bis hin zu Musik – hinsichtlich ihrer Ästhetik, Originalität und Konzeption von Autorschaft. Die Befunde bringt er in Zusammenhang mit dem dominanten Deutungsrahmen einer Kulturkritik, die sich auf der Grundlage einer überkommenen Genieästhetik zwischen Technologiefeindlichkeit einerseits und euphorischer Affirmation einer vermeintlich autonomen Artificial Creativity andererseits aufhält, während der Autor selbst einen innovativeren Weg beschreitet.
Inhalt
Einleitung
«I don’t know what you’re talking about»:
Sunspring zwischen menschlicher und maschineller Kreativität
The Curious Code of Benjamin
Auf Huizingas Spuren: Homo ludens, machina ludens
Exkurs: «My name is Benjamin»
Die Sache mit der Autorschaft
Eine andalusische Maschine. Vom Surrealismus zu Sunspring
Zusammenfassung oder die Frage nach der Kreativität:
Was ist Benjamin?
Die Neuerfindung des Textadventures in AI Dungeon
Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Schreiben
Von Zwergen, Höhlen und Computern.
Eine kurze Geschichte des Textadventures
Oralität und Literarizität
Kreativität ohne Autorschaft?
Eine interpassive Textmaschine.
Überlegungen zu Ästhetik und Partizipation
Die Schattenseite der Big Data
The Next Rembrandt: Der Künstler im Zeitalter
seiner digitalen Reproduzierbarkeit
Die digitale Nekromantie des alten Meisters
Der nächste versus der originale Rembrandt:
Eine Bild- und Diskursanalyse
Exkurs: Warum Rembrandt?
Ein Blick auf die Medienreaktionen auf The Next Rembrandt
Der Künstler im Zeitalter seiner digitalen Reproduzierbarkeit
Von Pinselstrichen, Instagramfiltern und dem Wandern der Aura
Die Psychologie des Pinselstrichs
Das Wandern der Aura
Versuch einer Urteilsbildung: Medienwirksamer Werbestunt, Showcase technischer Möglichkeiten, wissenschaftliche Repräsentation oder eigenständiges Kunstwerk?
Duett mit einem Schleimpilz:
Über Eduardo Mirandas Biocomputermusik
Ein Dreiklang aus Mensch, Maschine und Schleim
Die Geburt der Musik aus dem Geiste des Einzellers
Der Biocomputer als natürliche künstliche Intelligenz
Kreativität als Emergenzphänomen
Biocomputing als «emergent computing» und dessen Folgen für die Musik
Musizieren mit Deleuze und Guattari: Tierwerden, Schleimpilzwerden
Einige Einschränkungen zum Schluss
Schlussbetrachtungen
Rückblick: Zentrale Aussagen und Erkenntnisse
Der Mensch verschwindet nicht
Mediale Selbstreflexion und Produktionsästhetik
Kreative Kollaboration und Interdisziplinarität
Ausblick
Quellen und Literatur
Abbildungsverzeichnis