Beschreibung
Was ist literarische Form? Der lateinische Terminus forma verweist in seiner Grundbedeutung (›äußere Gestalt‹, ›Idee‹, ›Abbild‹) auf den gestaltenden Umgang mit sprachlich-thematischem Material (materia). In einem Spannungsfeld von Tradition und Neuerung bringt die Literatur des Mittelalters eigene Spielarten sprachlich-formalen Ausdrucks hervor. Die Beiträge des Bandes wollen die historische Dynamik von Form-Inhalt-Konzepten sichtbar machen: Gibt es Neuerung nur auf der Formseite (artificium)? Wie wirkt die Formsemantik auf die Formgebung zurück?
Unter fünf Aspekten zeichnen die Beiträge Dynamiken literarischer Form für die höfische Epik und Lyrik des 13. Jahrhunderts nach: Probleme literarischer Wertung im Spannungsfeld von Form und Inhalt, ontologische und poetologische Formdiskurse im historischen Kontext, Interferenzen von Formsemantik und Formgebung, Form als Überbietungskunst sowie Formproduktion im Hinblick auf ihre Rezeption.
Inhalt
Vorwort
I. Formvollendung und Formverlust: Risiken literarischer Wertung
forma, materia, artificium.
Poetologische Formdiskurse und literarische ›Meisterschaft‹ im Tristan Gottfrieds von Straßburg
Julia Frick
›Niunes‹ Potpourri in der Kleinen Heidelberger
Liederhandschrift (A). Ein Versuch
Andrea Möckli
II. Historische Formdiskurse: ontologisch und poetologisch
Der Kreis und sein Ursprung.
Literarische Form und dichterische Selbstreflexion
Claudio Notz
III. Semantik der Form: ›Paradigma‹ und ›Syntagma‹
Rhetorische Form und Autopoiesis.
Wandernde Metonymien in der ersten Gawan-Episode
in Wolframs Parzival
Tim Huber
IV. Form als Kunst der Überbietung
Das Rätsel als literarische Form.
Zu einigen Sangspruchstrophen in ›Singûfs Ton‹ und
den Wartburgkrieg-Strophen im ›Schwarzen Ton‹
der Jenaer Liederhandschrift
Eva Locher
V. Formproduktion und Formrezeption
Die Litotes bei Hartmann von Aue: ironisch?
Annäherungen an eine Poetik des Kontrasts
von Schein und Sein
Coralie Rippl