Beschreibung
Angesichts der 'neuen Flüchtlinge' aus dem Globalen Süden und mit Ende des Nachkriegsbooms zeichnete sich in den westlichen Gesellschaften seit den 1970er-Jahren eine restriktive Wende in der Asyl- und Migrationsfrage ab. War es in dieser Konstellation denkbar, eine emanzipatorische Asylpolitik 'von unten' zu praktizieren? Jonathan Pärli untersucht diese Frage am Beispiel der 'anderen Schweiz', einer innovativen und international vernetzten Solidaritäts- und Protestbewegung. Abschottung und Abschiebungen sind keine Sachzwänge und liberale Asylpolitik ist kein humanitärer Luxus. Von dieser Überzeugung getragen entstand in der Schweiz seit 1973 eine soziale Bewegung. Impulse hierfür gingen von Geflüchteten aus Zaïre, Chile, der Türkei oder Sri Lanka aus. In kollektiven Protesten und individuellen Wortergreifungen maßen sie die Schweiz an ihrem Ruf als traditionellem Asylland. In Anlehnung an Hannah Arendt und Jacques Rancière analysiert Pärli den Asylaktivismus in seiner demokratiepolitischen Bedeutung und zeigt seine handfesten Erfolge auf. Ziviler Ungehorsam provozierte zwar Machtworte und Strafverfolgung, dies wiederum bot Gelegenheit für neuerlichen Widerspruch. Zugleich drohte das Engagement stets in rein humanitäre Einzelfallarbeit abzudriften. Und auch der Schritt von der grenzüberschreitenden Vernetzung hin zu Aktionen und Kampagnen für ein 'anderes Europa' gestaltete sich schwierig. Pärli rekonstruiert eindrucksvoll eine facettenreiche und vielstimmige Geschichte des Asylaktivismus zwischen Politik, Humanitarismus und enttäuschten Hoffnungen.