Beschreibung
Die Existenz eines Simultaneums war in der Frühen Neuzeit und bis an die Schwelle zur Moderne nichts Ungewöhnliches. Sowohl auf territorialer wie auch auf lokaler Ebene gehörte die freie und gleichzeitige Glaubensausübung von verschiedenen Konfessionen in vielen Regionen des Reiches zum Alltag. Doch was, wenn in einem Ort ein Simultaneum aus zwei katholischen Pfarreien bestand, was sogar gegen das Kirchenrecht verstieß? Was, wenn gar ein österreichischer und ein bayerischer Geistlicher aus dieser Situation heraus plötzlich in die Mühlen des nationalstaatlichen Abgrenzungsprozesses ihrer Heimatländer gerieten und instrumentalisiert wurden? In einen solchen territorialen Umstrukturierungsprozess des 19. Jahrhunderts geriet das historische Gebiet der sog. "Fraisch" in und um Neualbenreuth (Lkr. Tirschenreuth). Im vorliegenden Band wird nicht nur die wechselvolle Geschichte der Pfarrei Neualbenreuth als Zankapfel zweier großer Gegenspieler, Bayern und Österreich, dargestellt, sondern vor diesem Hintergrund auch die Geschichte und insbesondere die Auflösung des über 270 Jahre gewachsenen Territoriums als Grundlage dafür miteinbezogen. Genau aber diese verhältnismäßig späte Purifikation eines so gearteten Landstrichs durch den sog. "Wiener Staatsvertrag" vom 24. Juni 1862 und die sich daran anschließende Frage nach deren Gründen, rücken die Pfarreigeschichte Neualbenreuths in den Mittelpunkt des für das 19. Jahrhundert so eigenartigen Kuriosums der Fraisch.