Beschreibung
Das brasilianische Modell der Verfassungsmäßigkeitskontrolle beruht auf einer gemischten gerichtlichen Kontrolle mit unterschiedlichen Regeln für die subjektive Tragweite ihrer Entscheidungen zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit, da bei der abstrakten oder konzentrierten Kontrolle allein ihre Entscheidung bindend und erga omnes wirksam ist. Bei der konkreten oder diffusen Kontrolle, bei der es in erster Linie um das Bestehen oder Nichtbestehen eines bestimmten subjektiven Rechtes der Partei geht, gilt die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des normativen Aktes nur für die Teilsubjekte des Prozesses, es sei denn, der Bundessenat ordnet gemäß Art. 52 X B-VG die Aussetzung der Vollziehung des für verfassungswidrig erklärten Gesetzes an. Die Theorie der Abstraktion bzw. Objektivierung der konkreten bzw. diffusen Verfassungsmäßigkeitskontrolle schlägt vor, dass die Wirkungen der Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit, die im Rahmen der konkreten bzw. diffusen Kontrolle durch den STF ergeht, den Wirkungen der Entscheidung im Rahmen der abstrakten Kontrolle, die auf einer anderen Auslegung des Art. 52 X B-VG beruht, aufgrund einer Verfassungsänderung gleichwertig sein sollten. In Anbetracht der gegenwärtigen rechtlich-konstitutionellen Ordnung ist eine solche Gleichstellung der Wirkungen jedoch ungültig.