Beschreibung
Wo hat Gustaf Gründgens zum ersten Mal seine spätere Paraderolle als Mephisto gespielt? Am Stadttheater Kiel, 1922. Auch die Karrieren anderer Größen des deutschen Theaters und Konzertwesens haben an schleswig-holsteinischen Bühnen begonnen: Wilhelm Furtwängler, Bernhard Minetti, Hans Söhnker, Ernst Busch, Dieter Borsche. Carl Zuckmayer löste als junger Dramaturg 1923 ausgerechnet mit der Bearbeitung einer römischen Komödie erst einen Skandal und dann eine handfeste Theaterkrise aus.
Aber das schleswig-holsteinische Theaterleben reicht natürlich viel weiter zurück. Es ist bisher noch nie zusammenhängend dargestellt worden. Diese Lücke wird hier gefüllt – von den Anfängen bis zur Gegenwart. Erste Aufführungen englischer, holländischer und deutscher Wanderbühnen sind seit dem frühen 17. Jahrhundert belegt. Schon ab 1450 wurden Schulkomödien, Passions- und Fastnachtsspiele in Flensburg, Lübeck und anderswo aufgeführt. Die Eröffnung des neuen Kieler Stadttheaters 1907 wird zum großen gesellschaftlichen Ereignis – wie überhaupt vor rund 100 Jahren in zahlreichen Städten Schleswig-Holsteins neue Theaterbauten entstehen und ein neues Kapitel der Theatergeschichte beginnt: ein Auf und Ab mit Glanzzeiten und künstlerischen Höhepunkten, aber auch mit Krisen und Pleiten. Neben den „Theaterstädten“ Kiel und Lübeck, Schleswig und Altona, Flensburg und Rendsburg herrscht auch in den kleineren Landstädten ein bewegtes Theaterleben. Daneben spielen die „Freien“, die Privattheater, ihre eigenständige Rolle. Die Eutiner Opernfestspiele, die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg, die Niederdeutschen Bühnen und die Vielzahl der Amateurtheater setzen weitere Akzente.
Diese Neuerscheinung führt die vielgestaltige Theaterszene in allen ihren Facetten von den Anfängen bis in die jüngste Zeit in Text und Bild vor Augen.
Autorenportrait
Dr. Rolf-Peter Carl, geb. 1942 in Hagen, Studium der Germanistik und Geschichte. 1968 Dr. phil. 1968-77 Literaturwissenschaftler an den Universitäten Kiel und Köln, 1977-91 Leiter des Kulturamts der Stadt Bochum, ab 1988 zugleich Verwaltungsdirektor des Schauspielhauses Bochum. 1991-2006 Leiter der Kulturabteilung im Kultusministerium Schleswig-Holstein. 2002-07 Vorsitzender des Landesverbandes Nord im Deutschen Bühnenverein. Veröffentlichungen u. a. zur deutschen Tragödie um 1800, zum Dokumentarischen Theater, zum kritischen Volksstück (Horváth, Kroetz) sowie zu historischen und kulturpolitischen Themen.