Beschreibung
VORWORT . Immerhin lege ich spielerischen Wert auf das Faktum, daß ich gestorben bin. Dies fiel mit der Morgenröte der großen Zeit zusammen. Somit sieht man sich hier allerdings einem Spuk gegenüber. Aber solche Phänomene sind häufig, jedes ehrliche Gespenst schreibt seine mémoires d'outre-tombe, und alles kommt nur auf die Vitalität der Abgeschiedenen an. Da der Selbstmord als Symptom pedantischer Lebensgier entlarvt ist, so wird man begreifen, daß in diesem Falle nur Genußsucht das Motiv sein konnte. Schon bei sogenannten Lebzeiten habe ich mich nie gern langweilen wollen. Den Abgezogenheiten gab ich meine Vorliebe vor "realen" Details. Höchstens bewog philologischer Sammeleifer zur temporären Erduldung jener Beanspruchungen für die man das infame Wort "Liebe" verabredet hat. Schnell rettete ich mich ins Café. Dort erwuchs einigen der sehr erwünschte Zustand der "décadence": unsere beste Beute. Die Antwort des Iren George Moore auf die Frage wie die Kunst zu fördern sei: "Durch Gründung von Cafés", bleibt mir aus der Seele gesprochen. Aber diese Einsicht, so beweisbar, ist unzeitgemäß. Leider muß ich fürchten, daß die Antipathie gegen sie schlecht stilisiert sein wird. Wir Gespenster sind Enthusiasten des Stils, und vielleicht glauben wir an unsere Renaissance aus den Anspannungen der Formung. Es war der Dichter einer entschwundenen Mentalität: Goethe, der das "Stirb und werde!" in den West-östlichen Divan diktiert hat.
Autorenportrait
Ferdinand Hardekopf (* 15. Dezember 1876 in Varel; gestorben 26. März 1954 in Zürich; Pseudonyme: Carsten F. Jesper, Stefan Wronski, Jason Bach, Hardy, Ravien Siurlai[1]) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller, Lyriker und Übersetzer.