Beschreibung
Als man zählte nach Christi Geburt eintausend und etliche hundert Jahr, da begab sich's, daß die sieben Schwaben in die weltberühmte Stadt Augsburg einzogen; und sie gingen sogleich zu dem geschicktesten Meister allda, um sich Waffen machen zu lassen; denn sie gedachten das Ungeheuer zu erlegen, welches zur selbigen Zeit in der Gegend des Bodensees übel hauste und das ganze Schwabenland in Furcht und Schrecken setzte. Der Meister führte sie in seine Waffenkammer, wo sich jeder einen Spieß oder sonst was auswählen konnte, was ihm anstand. 'Bygost!' sagte der Allgäuer, 'sind das auch Spieße? So einer wär mir just recht zu einem Zahnstürer. Meister, nehmt für mich nur gleich einen Wiesbaum von sieben Mannslängen.' 'Potz Blitz,' sagte der Blitzschwab, 'Allgäuer, progle dich nicht allzusehr.' Der Allgäuer sah den mit grimmigen Augen an, als wollte er ihn damit durchbohren. 'Eigentlich hast du recht, Männle!' sagte der Blitzschwab und streichelte ihm den Kautzen; 'und ich merke deine Meinung,' sagte er: 'Wie alle Sieben für Einen, so für alle Sieben nur Einen.' Der Allgäuer verstand ihn nicht, sagte aber: 'Ja!' und den andern war's auch recht. Und so ward denn ein Spieß von sieben Mannslängen bestellt, und in einer Stunde war er fertig.
Autorenportrait
Ludwig Aurbacher (* 26. August 1784 in Türkheim, Schwaben; gestorben 25. Mai 1847 in München) war ein deutscher Schriftsteller. Der Sohn eines Nagelschmieds besuchte die Schule in Landsberg am Lech und wollte anschließend eine geistliche Laufbahn einschlagen. 1793 war er Chorknabe in Dießen am Ammersee. Weitere Stationen waren das Benediktinerseminar in München (1795/96) und das Kloster Ottobeuren, in das er nach dem Gymnasialabschluss 1801 als Novize eintrat. Nach der Säkularisation von Ottobeuren lebte er kurz im Kloster Wiblingen, doch verließ er 1803 auch aus gesundheitlichen Gründen den Orden. Nach einer Zeit als Hofmeister beim Stiftskanzler von Weckbecker in Ottobeuren (1804-1808) fand er seine Lebensstellung als Lehrer: Von 1809 bis 1834 unterrichtete er als Professor für deutschen Stil und Ästhetik am Kadettenkorps in München. Sein bekanntestes Werk ist die zweibändige Sammlung von im Volkston verfassten Erzählungen, die 1827-1829 zunächst anonym unter dem Titel Ein Volksbüchlein erschien. Vor allem die dort enthaltenen Geschichten von den Sieben Schwaben wurden populär. In seinem mittelschwäbischen Geburtsort Türkheim erinnern eine Stube im Sieben-Schwaben-Museum an den Autor. Nach ihm sind die Ludwig-Aurbacher-Mittelschule und die Ludwig-Aurbacher-Straße benannt.