Beschreibung
Das alles, was ich jetzt hier schreibe, ist für Sie, liebe Frau. Ich sehe so viel Zeit vor mir, die ich zu nichts anderem als zu einer künstlichen Spielerei verwenden kann, eine solche Menge, einen solchen Haufen von Zeit, daß ich nur von Herzen froh sein kann, diesen Zeitvertreib gefunden zu haben. Man will und kann mich nicht beschäftigen, man braucht mich nicht, ich stehe völlig außerhalb jedes Bedürfnisses, wohlan, so gebrauche ich mich eben selber, wähle mir selber den Zweck und halte mich für gut genug, irgendein Werk, wäre es auch das sonderbarste und nutzloseste, zu vollführen. Ich bin breit und schwer und voll von Empfindungen. So kläglich auch meine jetzige Lage sein mag in dieser Spiegelgasse, so seltsam frei und mutig komme ich mir vor, so leicht und erfinderisch in wohltuenden Gedanken ist mein Herz. Nur ab und zu, um es offen herauszusagen, bin ich traurig und hoffnungslos, denke an meine Zukunft als wie an etwas Verlorenes und Düsteres, aber das sind Augenblicke, weiter nichts.
Autorenportrait
Robert Walser (* 15. April 1878 in Biel, Kanton Bern; gestorben 25. Dezember 1956 nahe Herisau, Kanton Appenzell Ausserrhoden) war ein deutschsprachiger Schweizer Schriftsteller.