Beschreibung
Das ambivalente Image von Musik und Musikern aus Italien war für die Historiographie der deutschen Musik um 1800 von zentraler
Bedeutung. Carolin Krahn zeigt dies anhand eines breiten Spektrums von Dokumenten zum Leipziger Musikschriftsteller Johann
Friedrich Rochlitz. Im Kontext seiner Zeit verortet, eröffnet dessen Œuvre ein facettenreiches diskursives Feld, das neben ästhetischen auch konfessionelle, national aufgeladene, oft polemische Haltungen gegenüber dem musikalischen Italien aufweist. Zentrale Akteure und Infrastrukturen, ‚alte‘ und ‚neue‘ Musik, Malerei, Oper, Kirchen- und Instrumentalmusik werden in der Studie ebenso beleuchtet wie mediale Verbreitungsstrategien im Streben nach dem Primat deutscher Tonkunst. Damit trägt die Autorin zur Reflexion einer bis in die Gegenwart reichenden, dialektisch zugespitzten Beziehung zwischen deutscher und italienischer Musikgeschichte bei.
Autorenportrait
Carolin Krahn ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Historischen Institut in Rom. Sie studierte Musikwissenschaft, Alte
Kirchengeschichte und Romanistik in Würzburg, Wien, Paris, Harvard und Stanford; zudem absolvierte sie ein Aufbaustudium in Musikvermittlung/Musikmanagement in Detmold. Nach der Promotion 2017 arbeitete sie drei Jahre als Universitätsassistentin am
Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien.
Inhalt
I. Prämissen
1. Italien-Bilder als Beitrag zur Tonkunst-Geschichte um 1800
2. Stand der Forschung: Rochlitz jenseits von Italien – Italien jenseits von Rochlitz
3. Methodische Perspektiven: Topoi – Stereotype – Images
4. Konfiguration und Verankerung der Italien-Imagination
II. Hintergrund: Palimpseste der Italien-Imagination
5. Über ‚deutschen Geschmack‘ streiten: Rochlitz zwischen Kant, Herder, Ekel und
Protestantismus
6. Rochlitz’ Kritik der musikalischen Urteilskraft
6.1 Die Verobjektivierung des Subjektiven
6.2 Das schreibende Subjekt in der Öffentlichkeit
7. Protestantismus und Musikhistoriographie
7.1 Die Bedeutung des Protestantismus für das Musikverständnis von Rochlitz
7.2 Biographische Verknüpfungen von Musik und Protestantismus
7.3 Rochlitz und der Nationalprotestantismus zwischen Aufklärung und Romantik
8. Rochlitz und die Popularisierung ‚klassischer‘ Kunstideale
8.1 Auktoriales Sendungsbewusstsein
8.2 Zur Verbreitung von Rochlitz’ Schriften durch Verleger
8.3 Musikhistorische Machtausübung
9. Die Macht der Polemik
9.1 Protestantische Polemik als musikhistorische Tradition
9.2 Zweck und Funktion der Polemik in Rochlitz’ Schriften
10. Aversive Reizbarkeit gegenüber ‚dem Italienischen‘
10.1 Ekel als Organ der Italien-Polemik
10.2 Ekel-Therapie durch edlen „Styl“
10.3 Vom Ekel zum nationalprotestantischen Schlachtfeld der Musikästhetik
III. Vordergrund: Rochlitz’ musikalisches Italien
11. Italien als musikalischer Ort: Imaginationsfelder
12. Akteure und Infrastruktur
12.1 Sänger – Virtuosen – Komponisten – Publikum
12.2 Theaterbühnen – Kirchen – Instrumente – Singschulen
13. Alt und neu
13.1 Erhaben und groß: Alte Musik aus Italien und Deutschland
13.2 Lieblich und niedlich: Neue Musik (vor allem aus Italien)
14. Schatten und Licht
14.1 Kirchenmusik statt „Opernstyl“
14.2 Zuflucht für Originalgenies: Malerei aus Italien und Deutschland
14.3 Tönender Klimawandel: Italienische Musik und Musiker von ‚sonnigem Gemüt‘
15. Streng und frei
15.1 Oberflächlichkeit statt Tiefe – Verzierung statt Kontrapunkt – Melodie statt Harmonie
15.2 ‚Weibliche‘ italienische Musik, ‚männliche‘ deutsche
IV. Epilog
V. Anhang
i. Übersicht der wichtigsten Publikationen von Rochlitz als Herausgeber
ii. Übersicht zur Sammlung vorzüglicher Gesangstücke
iii. Übersicht zu biographischen Darstellungen in der AmZ (1798–1818)
iv. Rochlitz’ ‚imaginäres Museum der Malerei‘ in Wien (1822)
VI. Verzeichnisse
i. Zitierte gedruckte Schriften und Herausgeberschaften von Rochlitz
ii. Quellen und Literatur vor 1850
iii. Forschungsliteratur und Quellen ab 1850
iv. Ungedruckte Briefe und Archivquellen
v. Internetquellen
vi. Abbildungen
vii. Register der Personen, Texte und Kompositionen
VII. Dank
Sonstiges
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