Beschreibung
Als 1870 die erste deutsche Postkarte ihre Reise antrat, nahm dieses schnelle und kostengünstige Kurzmitteilungsmedium einen niemals erwarteten, rasanten Erfolgskurs auf. Zur Blütezeit der Postkarte um 1900 wurden deutschlandweit bereits jährlich eine Milliarde von ihnen verschickt. Der zu dieser Zeit aufkommende Tourismus hat zu diesem Boom mit Sicherheit wesentlich beigetragen. Ein absoluter Verkaufsschlager: das Genre der sogenannten Humor- (auch Scherz- oder Jux-)Karten. Bayerische Verlage machten mit Darstellungen des Bier saufenden, schuhplattelnden, bauernschlauen, raufenden Bayern profitable Geschäfte und mit ihnen Illustratoren, Maler und Grafiker. In Höchstgeschwindigkeit und nahezu bis heute in seinen Stereotypen unverändert verbreitete sich das Bayern-Klischee in alle Welt. Der Band zeigt eine breite Auswahl historischer Humorpostkarten (1870-1945) und deckt Zusammenhänge von aktueller Brisanz auf. Wie verstörend wirkt es heute, wenn die gezeigte selbstbewusst-überhebliche 'Mia san Mia'-Mentalität oder etwa der Patriotismus in Kriegszeiten das Fremde, Andersartige, das eben nicht zur Stereotype passt, lächerlich macht, es ausgrenzt, diskriminiert, zum Feindbild erklärt? Ein bislang nicht gehobener sozio-kultureller Schatz
Autorenportrait
Dietlind Pedarnig, geboren 1960 in München, studierte Germanistik, Geschichte, Kunstgeschichte und Musikwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München und arbeitet heute als Lektorin im Allitera Verlag. Hier erschien von ihr u. a. der Prachtbildband 'Münchner Palais' (2016, überarbeitete Neuauflage 2022), in Zusammenarbeit mit Konstantin Köppelmann.