Beschreibung
Die in den Quellen eindeutig belegten Verfolgungen von Juden im Mittelalter ließen innerhalb älterer Forschungsarbeiten oftmals den Eindruck entstehen, Juden seien in dieser Zeit als das grundsätzlich Fremde und notwendigerweise Auszugrenzende wahrgenommen worden. Allerdings überliefern Quellen der kirchlichen, kaiserlichen und städtischen Judenrechte des 13. und 14. Jh. Auffassungen, nach denen Juden in den mehrheitlich christlich geprägten Gesellschaften Europas zwar als Angehörige einer anderen, gleichwohl aber zu „tolerierenden“ Religion existieren sollten.
Wie die von christlichen Herrschaftsträgern erlassenen Judenrechte als Norm in einer weithin rechtlich zersplitterten Gesellschaft formuliert und in der Rechtspraxis angewandt wurden und ob sie inkludierende oder eher exkludierende Effekte beförderten, wird in der vorliegenden Dissertation anhand der Rechtsbücher und Schöffenspruchsammlungen des Sächsisch-Magdeburgischen Rechtskreises (13./14. Jh.) exemplarisch diskutiert. Die dabei feststellbare Annäherung jüdischer Sonderrechte an christliches Gemeinrecht kann als ein regionaler Inklusionsversuch gedeutet werden, der durch beginnende „Territorialisierungsprozesse“ im Heiligen Römischen Reich provoziert worden war.
Autorenportrait
Jana Pacyna, 1998–2004 Studium Magister in Mittlere/Neuere Geschichte, Kunstgeschichte an der Universität Leipzig und der Université de Bruxelles, 2004–2007 Projektarbeit Ausstellungsbau (Abt. Unternehmensgeschichte der Sparkasse Leipzig), 2008–2012 Promotion im DFG-Graduiertenkolleg 1402 „Menschenwürde und Menschenrechte“ (Ethikzentrum der Universität Jena/Max-Weber-Kolleg Erfurt), 2012–2014 wissenschaftliche Mitarbeit als Postdoktorandin im DFG-Graduiertenkolleg 1662 „Religiöses Wissen im vormodernen Europa 800–1800“ (Universität Tübingen), seit 2015 wissenschaftliche Mitarbeit als Postdoktorandin im WIN-Kolleg „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“ (Heidelberger Akademie der Wissenschaften).