Beschreibung
Im Fokus des Buches stehen das repräsentative Haus in Wernigerode,
seine Erbauer, Eigentümer und Bewohner. Das eröffnet den Blick auf mehr
als 120 Jahre deutscher Geschichte: den Stolz eines Unternehmers am Ende
des 19. Jahrhunderts, den Erfolg der industriellen Produktion des Harzer
Käses, der mit dem Aufstieg und der Machtergreifung der Nationalsozialisten in
den 1930er Jahren abrupt endet. Die jüdischen Besitzer der Villa Russo, das
Ehepaar Benno und Clara Russo werden terrorisiert, deportiert und kommen
im Konzentrationslager gewaltsam zu Tode, während ein NS - Funktionär sich des Hauses
bemächtigt.
Von 1946 an nutzt eine Konsumgenossenschaft die Räume, die schließlich zu
Klassenzimmern einer Berufsschule für Behinderte werden.
Mit dem Prozess der deutschen Vereinigung stellt sich die Frage, wem nun
diese Villa gehört und wie sie genutzt werden soll. Das Angebot der Russo – Nachkommen, die Gebäude für den Ausbau der Schule für Behinderte der Kommune zu überlassen wird durch einen undurchsichtigen Verwaltungsakt blockiert. Dieses beschämende Kapitel spiegelt exemplarisch die bedrohlichen Seiten des Vereinigungsprozesses, bei dem politisch - historische Fakten und gesellschaftlich – moralische Prinzipien missachtet wurden. Dass heute die Villa öffentlich als musische Begegnungsstätte wider das Vergessen neues Leben ausstrahlt, ist ein unerwarteter Glücksfall.