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Pfauenfedern

Phantastische Weltgeschichten

Erschienen am 05.10.2018, Auflage: 1. Auflage
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783943889949
Sprache: Deutsch
Umfang: 96
Format (T/L/B): 19.0 x 12.0 cm

Beschreibung

Ein Kater durchschwimmt den Atlantischen Ozean; Dr. Prohasca, Chefredakteur der 'Babylonischen Volksstimme', unterbreitet Großkönig Xerxes revolutionäre Pläne; ein Schwanz wird abgebissen; Kapitän Buller vom Kanonenboot 'Arrogant' nimmt für England das Paradies in Besitz: Im Parallel-Universum dieses Buches geschieht das Unfassbare – kein Ort ist zu abgeschieden, keine Zeit zu entlegen, kein Gedanke zu gewagt, um nicht vom Autor gefasst oder herbeizitiert zu werden. Unvergänglich in ihren Lehren über Macht und Liebe, Entfremdung, Eifersucht und Gier enthält diese 1921 erstmals veröffentlichte Sammlung Auburtinscher Feuilletons viel von den Schicksalen damaliger Zeit: So wird – pars pro toto – ein Kriegsheimkehrer namens Odysseus zum Fremdling und Störfaktor für all‘ jene, die zu Hause den Alltag zu bewältigen hatten. Andere dagegen sind glücklicher dran: Als lebte er in einer Gegenwelt, darf sich ein Wissenschaftler in diesen unruhigen Zeitläuften seinen Studien über das Vorkommen des lateinischen Wortes 'quamquam' widmen. Und schließlich: Für manche hat die Zeit schlichtweg keine Verwendung. So wird der Tischlermeister Haberlandt, mit dessen Werkstatt es in der Ära industrieller Möbelproduktion rapide bergab ging, von gutgenährten Pfaffen aber auch Parteifunktionären mit Sprüchen über das Jenseits und den Zukunftsstaat abgespeist, das macht nicht satt und tröstet kaum. Nicht immer sind diese zumeist im 'Berliner Tageblatt' vorab publizierten Feuilletons, in denen Auburtin erstmals seine ureigenste Diktion entwickelte, so zeitbezogen und bitterböse wie die letztgenannten. Manchmal schillern und prunken sie auch nur wie 'Pfauenfedern'. Oder kommen auf Taubenfüßen daher, kinderleicht, schalkhaft und heiter, mit liebenswürdiger Ironie: So, wenn in einer der besten Geschichten des Buches, ein Wiener Stammtisch von Theaterkritikern über die Ortstreue von Tieren räsonniert. Wollte man Victor Auburtin ein Denkmal setzten, dann sollte es katzenförmig sein: Schon aufgrund dieser aberwitzigen Erzählung mit dem heimatverbundenen dreibeinigen Kater Cleveland – einem der smartesten Tiere, das die deutsche Literatur dank Victor Auburtin kennt.

Autorenportrait

Als alle Welt dem Tempo, der Technik und dem glänzenden Asphalt der Großstädte huldigte, lobte er das Landleben, die Langsamkeit und die Langeweile Posemuckels. Während der Hungerjahre der Inflationszeit gab er sich als Gourmet (sein Großvater noch, Charles Louis Benoit Auburtin, hatte König Friedrich Wilhelm IV. verköstigt). Als Forderungen nach dem Recht auf Arbeit unüberhörbar wurden, redete er der Faulheit das Wort. Neueste Errungenschaften in der hygienisch-vernunftgemäßen Einrichtung des Lebens, aber auch moderne statistische Erhebungen bildeten immer wieder Zielscheiben seines Spotts. Das Leben kann sehr unhygienisch sein, befand Auburtin in seinen geschliffenen Feuilletons. Alle Schönheit, alle Kunst, aller Genuss, alle Bildung, alles Individuelle entzieht sich dem Zählbaren, wurde er nicht müde dort zu betonen. Überhaupt die Persönlichkeit. Sie war Ausgangspunkt seiner feuilletonistischen Erwägungen, die er als skeptischer Konservativer, der im 'Massenzeitalter' das Ende der Kultur aufdämmern sah, ebenso wie als selbsternannter 'Ironiker' anstellte: Mit anarchischem Sinn für die 'feinen Unterschiede' spürte er die Besonderungsstrategien der bürgerlichen Schichten auf und demontierte sie fröhlich. Geboren wurde Auburtin am 5. September 1870 in Berlin. Und da kaum zwei Tage vergangen waren, dass das französische Kaiserreich nach der Schlacht bei Sedan kapituliert hatte, kamen die Eltern nicht umhin, ihn Victor zu nennen. Preussens Sieg über Frankreich hinderte sie umgekehrt nicht, ihn – eingedenk der Herkunft der Familie – aufs zweisprachige Französische Gymnasium zu schicken. Nach dem Abitur folgt das Studium der Kunstgeschichte und Germanistik in Bonn, Berlin und Tübingen. Erste schriftstellerische Versuche und journalistische Erfolge schließen sich an: Seine Beiträge werden in der 'Jugend', im 'Simplicissimus' und im 'Berliner Börsen-Courier' veröffentlicht, dessen Feuilletonredakteur er 1906 wird. 1911 schließlich wird Theodor Wolff auf den Schriftsteller aufmerksam. Er holt ihn zu seinem renommierten 'Berliner Tageblatt'. Auburtin arbeitet jetzt für kurze Zeit als Nachtredakteur, wird aber schon bald seines Postens enthoben. Der Grund: Er hatte – so jedenfalls will es eine der zahlreichen Anekdoten über ihn wissen – das sensationelle Erreichen des Südpols in die Sparte 'Letzte vermischte Nachrichten' einrücken lassen. In der Folgezeit arbeitet der Journalist fürs 'Berliner Tageblatt' als Korrespondent in Paris. 1914 als vermeintlicher deutscher Spion in Besançon verhaftet, wird er erst 1917 aus der Zivilinternierung entlassen und kehrt über die Schweiz (aus der er in der Zeit bis 1921 noch häufiger berichtet) nach Berlin zurück. Es entstehen nun in unabsehbarer Zahl und schneller Folge jene sprachlich äußerst akkurat gearbeiteten, populären und humorvollen Betrachtungen, die seinen Ruf als überragender deutscher Feuilletonist begründen. Will man der Überlieferung glauben, dann wird das 'Berliner Tageblatt' zeitweilig nur seinetwillen gelesen. Mitunter im Dreitage-Rythmus erscheint dort ein kürzerer oder längerer Text von ihm. Reisen durch Österreich, durch Süddeutschland, Spanien, Griechenland und Italien schließen sich an. Lesenswert-launische Berichte entstehen, die gemeinsam mit seinen epigrammatisch knappen Feuilletons nicht selten in Buchform erscheinen. Am 28. Juni 1928 schließlich stirbt Victor Auburtin in Partenkirchen an den Spätfolgen eines sich in der Gefangenschaft zugezogenen Nierenleidens.

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