Beschreibung
Ich war in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin und in Potsdam eingesperrt, dann verurteilte mich ein DDR-Gericht wegen "Schädlingstätigkeit" zu sieben Jahren Zuchthaus. Mein gesamtes "Verbrechen", das mir zur Last gelegt wurde, bestand ausschließlich aus wenigen Worten, die im Kreise von Freunden gesprochen wurden. Sie wurden aus dem Zusammenhang gerissen oder willkürlich zusammengefügt, um mit viel schlechtem Willen den Tatbestand der "Staatsgefährdenden Hetze" oder eben der "Schädlingstätigkeit" zu erfüllen. Mein Schicksal ist jedoch nicht Gegenstand dieses Buches. Während meiner Haftzeit traf ich mehr oder weniger intensiv und für unterschiedlich lange Zeit auf hunderte andere Männer, erfuhr von ihrem Leben und hörte ihre sehr persönlichen Geschichten. Einige dieser Einzelschicksale habe ich in diesem Buch beschrieben. Es handelt sich um Erlebnisse Mitgefangener, die sie mir in den Zellen oder Arbeitskommandos während unseres Haftalltags erzählten. Ich ließ aus der Vielzahl der vorübergehenden Haftbekanntschaften einzelne wieder auferstehen: Den Arzt, der so gerne eine eigene Praxis gehabt hätte. Den SED-Parteisekretär, der glaubte ein probates Mittel gegen den üblen Personenkult in der kommunistischen Bewegung gefunden zu haben. Den jungen NVA-Soldaten, der aus der Magdeburger Börde ins schöne Bayern flüchtete - und dort nicht glücklich wurde. Die sexuelle Not, unter der wir litten - und welche Ventile sie in der Haft öffnete. Die "Legendierte Festnahme", eine besonders perfide Drangsalierungsmethode der DDR-Staatssicherheit. Mit den Geschichten wollte ich zum Nachdenken anregen, was wohl geschieht, wenn Richter und Schöffen, Staatsanwälte und Geheimdienstmitarbeiter, Polizisten und Zuchthauswärter alle einer Partei verpflichtet sind, die 'immer Recht zu haben' für sich in Anspruch nimmt. Vielleicht entstehen beim Leser daraus sogar Schlußfolgerungen für eigene zukünftige politische Handlungen und Entscheidungen.