Beschreibung
Charakterisiert man die Körperlichkeit des Menschen durch den Doppelaspekt von Leib Sein und Körper Haben, so ist mit dieser Charakterisierung zugleich eine Antwort auf die Frage nach der conditio humana gegeben: In der Distanziertheit des Körper Habens sind die Möglichkeit wie auch der Zwang zur Reflexion und Formung des Daseins als soziale Person fundiert. Im Körper Haben, in den vielfältigen Modalitäten der Wahrnehmung, Kontrolle und Gestaltung seines Körpers, ist der Mensch nicht nur Körper, sondern verkörpert er sich: eine historisch gewachsene, sozial erlernte und persönlich abgewandelte Art und Weise, in Erscheinung zu treten, sich zu verhalten, auf die Umwelt einzuwirken, sein Leben zu führen.
In den drei thematischen Sektionen Der Körper als Werk, Mediale Reflexionen und An den Grenzen der Sozialwelt untersuchen die Autoren des Bandes historische und zeitgenössische Formen, Techniken und Regime des Körper Habens. Sie rekonstruieren die Aufwertung des Körpers zum ›letztbedeutsamen‹ Bewährungsfeld der Person, seine Einformung in medientechnische Beobachtungsordnungen sowie seine Endlichkeit als Manifestation gesellschaftlicher Außengrenzen.
Autorenportrait
Michael R. Müller ist Professor für Visuelle Kommunikation an der TU Chemnitz, davor war er Juniorprofessor am Institut für Kunst und Materielle Kultur der TU Dortmund. Forschungsschwerpunkte: Historische Soziologie des Individuums, Wissens-, Medien- und Körpersoziologie, Visuelle und Politische Soziologie.
Hans-Georg Soeffner, Prof. Dr., Professor emer. für Allgemeine Soziologie an der Universität Konstanz, seit 2007 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Senior Fellow und Vorstandsmitglied am Kulturwissenschaftlichen
Institut in Essen sowie Senior Fellow am DFG Exzellenzcluster 212 'Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne'. Publikationen u.a.: Auslegung des Alltags – Der Alltag der Auslegung. Zur wissenssoziologischen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik, 2. durchgesehene und ergänzte Auflage, Konstanz 2004; Zeitbilder. Versuche über Glück, Lebensstil, Gewalt und Schuld, Frankfurt a. M. 2005; Symbolische Formung. Eine Soziologie des Symbols und des Rituals, Weilerswist 2010.
Anne Sonnenmoser, M.A., Soziologin, arbeitet seit 2009 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen. Forschungsschwerpunkte: Soziologie personaler Selbstdarstellung, Soziologie des Körpers, Visuelle Soziologie. Publikationen u.a.: 'Individuell oder uniform? Massenmedien und Experten als ›Geburtshelfer‹ personaler Selbstdarstellung', in: Mentges, Gabriele u.a. (Hrsg.), Uniformierungen in Bewegung, Münster 2007; '›Hollywood casts fashion‹.
Inhalt
Inhalt
Michael R. Müller, Hans-Georg Soeffner und Anne Sonnenmoser
Körper, Gesellschaft, Person. Zur Einleitung
Der Körper als Werk
Hans-Georg Soeffner, Lust zur Nicht-Lust. Erlösung vom Innerweltlichen
und innerweltliche Erlösung – Transformationen der Askese
Patrick Oelze, Chirurgische Spektakel. Öffentliches Operieren in
der Frühen Neuzeit (17. und 18. Jahrhundert)
Ada Borkenhagen, Die Inszenierung des Selbst mit dem Skalpell
Gabriele Klein, Körper – Subjekt – Moderne. Tanzästhetische Übersetzungen
Mediale Reflexionen
Michael R. Müller, Das Körperbild als Selbstbild
Sabina Misoch, Körper-Haben und Leib-Sein in virtuellen Räumen
Anne Sonnenmoser, Der Mensch als Schauspieler. Von einer anthropologischen
Metapher zum gesellschaftlichen Postulat
An den Grenzen der Sozialwelt
Anne Honer, Problem-Körper. Einige physische Aspekte der Pflege
von Demenzkranken
Britta Duelke, Dead Body Business. Von Leibverlust und ›Körper-Haben‹
Hubert Knoblauch und Antje Kahl, Der gespaltene Leichnam.
Die zwei Seiten des Todes, die Obduktion und der Körper
Gesa Lindemann, Gesellschaftliche Grenzregime und soziale Differenzierung